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Kultur: Macht und Freundschaft

Preußische Schlösser und Gärten bereiten Ausstellung über preußisch-russische Beziehungen vor

Im Jahre 1805 weilte der russische Zar Alexander I. wieder einmal in Berlin. Die politischen Auseinandersetzungen mit Napoleon spitzten sich zu. Der französische Kaiser ließ seine Truppen durchs preußische Ansbach marschieren, um Österreich anzugreifen. Friedrich Wilhelm III., der sich bisher neutral gegenüber Frankreich verhielt, unterschrieb auf Drängen seiner Frau, Königin Luise, einen Bündnisvertrag mit Österreich und Russland. Luise und Alexander waren in besonderer Weise freundschaftlich verbunden. So meinte sie beispielsweise nach einem früheren Treffen, dass er wie ein junger Herkules aussehe. Und über Alexander soll man nach Begegnungen mit Luise gesagt haben: „Der Arme ist ganz bezaubert von der Königin“.

In der Nacht vom 4. zum 5. November 1805 trafen sich die Monarchen Russlands und Preußens sowie Luise in der Gruft Friedrich des Großen in der Potsdamer Garnisonkirche, um ewige Freundschaft zu schwören. Solch ein Treffen, das heute als ein Medienereignis rund um die Welt gehen würde, hat vor 202 Jahren Franz Ludwig Catel in einem Gemälde in aller Stille nachempfunden. Es gehört zu den bekanntesten Bildern des Malers und wurde auch später zu propagandistischen Zwecken reproduziert.

Das Original wird in der von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg veranstalteten Ausstellung „Macht und Freundschaft. Berlin – St. Petersburg 1800-1860“ ab März im Martin-Gropius-Bau Berlin gezeigt. Damit werden diese repräsentativen Ausstellungsräume der Bundeshauptstadt erstmals im Focus für eine Schau der Stiftung der Schlösser und Gärten stehen.

Die Beziehungen zwischen Russland und Preußen wurden bereits mehrmals im Ausstellungsprogramm Sanssoucis bedacht. Vor allem in den siebziger und achtziger Jahren konnte man in den Römischen Bädern im Park Sanssouci spannende Expositionen erleben, die sich mit den Architekturen russischer Zarenpaläste und Parkanlagen, vor allem die des Peterhof bei St. Petersburg beschäftigten, auch russische Porzellane konnten bewundert werden.

Die Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci und der Peterhof waren vor 1989 durch einen Freundschaftsvertrag verbunden. Mit der heutigen Einrichtung, die sich Staatliches Museumsreservat Peterhof nennt, erhofft sich die Stiftung eine Intensivierung ihrer Beziehungen, vor allem im wissenschaftlichen Bereich. Auch mit der Staatlichen Eremitage St. Petersburg. Die vorgesehene Ausstellung könnte dazu beitragen. Peterhof und die Eremitage sowie andere fünf russische Museen fungieren als Leihgeber.

Obwohl es im 18.Jahrhundert bereits intensive Beziehungen zwischen König Friedrich Wilhelm I. und Zar Peter I. gab (der russische Monarch besuchte auch Berlin), war der deutsch-russische Kulturaustausch selten so intensiv wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das lag zum einen an den politischen Konstellationen in Europa, zum anderen aber auch an den verwandtschaftlichen Bindungen zwischen dem preußischen und dem russischen Herrscherhaus. Die Tochter Königin Luises und König Friedrich Wilhelms IV., Charlotte, heiratete nach dem Übertritt zum orthodoxen Glauben 1817 den russischen Großfürsten Nikolai Pawlowitsch, der als Zar Nikolaus I. in die Geschichte einging. Als Zarin von Russland nannte sich Charlotte Alexandra Feodorowna.

Potsdam selbst hat zahlreiche Bauten, die an die preußisch-russischen Beziehungen im 19. Jahrhundert erinnern. So die Kolonie Alexandrowka, die Friedrich Wilhelm III. für russische Sänger erbauen ließ, sowie die Kirche Alexander Newski auf dem Kapellenberg. Das repräsentative Orangerieschloss im Park Sanssouci war den eventuellen Besuchen von Alexandra Feodorowna, der Schwester König Friedrich Wilhelms IV. und des Kaisers Wilhelm I. vorbehalten.

In Russland ließ Nikolaus I. die Sommerresidenz Peterhof zu einer Kulturlandschaft nach Potsdamer Vorbild formen. Der Baukomplex der Römischen Bäder in Sanssouci wurde zur Vorlage für den Zarinnenpavillon, und in Sanssouci wie in Peterhof wurden die gleichen Skulpturen aufgestellt.

Sichtbarstes Sinnbild preußisch-russischer Gemeinsamkeit waren die berühmten Petersburger Rossebändiger von Clodt, 1841 auf der Anitschkow-Brücke in St. Petersburg aufgestellt, deren Zwillinge drei Jahre später vor das Berliner Stadtschloss gebracht wurden.

Die Schau könnte in ihrem Titel neben St. Petersburg und Berlin eigentlich auch Potsdam nennen. Denn aus der kleineren Residenzstadt an der Havel werden zahlreiche Exponate zu sehen sein. Und schließlich spielte sich ja so manch russisch-preußische Begegnung in Potsdam ab. Jedoch die damaligen Hauptstädte hatten bei der Namensgebung Priorität.

Mit faszinierenden Kunstschätzen und kulturgeschichtlichen Zeugnissen beleuchtet die Ausstellung erstmals umfassend die besonderen Beziehungen zwischen Preußen und Russland.

„Macht und Freundschaft. Berlin – St. Petersburg 1800-1860“ erzählt die gleichermaßen von politischem Kalkül wie von intensiven kulturellen Aktivitäten geprägten Beziehungen zwischen Preußen und Russland, wie die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in ihrem jüngsten Besuchermagazin „Porticus“ mitteilt. Auch die revolutionären Ereignisse von 1830/31 und 1848 sind Themen der Exposition. Nikolaus I. und Friedrich Wilhelm IV. versuchten jegliche kritischen Äußerungen und aufständischen Bestrebungen in ihren Ländern im Keim zu ersticken. Nikolaus wurde sogar als „Gendarm Europas“ bezeichnet.

Besonderes Augenmerk gilt bei den Ausstellungsmachern dem regen beiderseitigen künstlerisch-kulturellen Austausch, in den Architekten wie Wassily Stassow und Karl-Friedrich Schinkel, Intellektuelle wie Alexander von Humboldt und Wassily Shukowski, Maler wie Franz Krüger, Eduard Gaertner und Grigori Tschernetzow sowie Bildhauer wie Christian Daniel Rauch, Carl Friedrich Wichmann und Baron Peter (Pjotr) Clodt von Jürgensburg involviert waren.

Bildnerische Zeugnisse auf Leinwand, Papier und Porzellan sowie Requisiten von höfischen Ereignissen wie dem Fest „Lalla Rookh“ 1821 in Berlin und dem „Fest der weißen Rose“ im Jahre 1829 am und im Neuen Palais in Potsdam, aber auch die Reisezeichnungen von Friedrich Wilhelm IV. lassen eine Epoche lebendig werden, die politisch konservativ und dennoch von Vorboten der Moderne berührt war. Dazu gehöre auch die einsetzende Trennung von „öffentlich“ und „privat“, wie es in der Mitteilung der Stiftung heißt. Sie manifestiere sich im Kontrast zwischen spätklassizistisch geprägten städtebaulichen Großprojekten einerseits und der biedermeierlich anmutenden Gestaltung der Wohnbereiche sowohl der Zaren- als auch der Königsfamilie, denen jeweils eigene Ausstellungsräume im Gropius-Bau mit Architekturzeichnungen und Interieurdarstellungen gewidmet sein werden.

Aus der Ausstellung soll man aber nicht in festlich-freudiger Stimmung entlassen werden, sondern eher nachdenklich. Bilder aus dem Krimkrieg (1853-1856), der eine Auseinandersetzung vom Ausmaß eines Weltkriegs war, werden die Ausstellung beenden.

Die Ausstellung wird am 13. März im Martin-Gropius-Bau Berlin eröffnet.

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