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Die Potsdamer Schrifstellerin Julia Schoch.

© Andreas Klaer

Literaturpreis des Hans Otto Theaters: Schreiben gegen die Stille

Während des Lockdowns hat das Hans Otto Theater einen neuen Literaturpreis ins Leben gerufen. Sieben Texte werden am 17.11. als „Brandenburger Dialoge“ prämiert.

Potsdam - In der jüngsten Premiere des Hans Otto Theaters, „Vor Sonnenaufgang“, gibt es einen namenlosen Mitspieler: das Schweigen, das über allen Figuren liegt. Das Stück erzählt von zwei Freunden, die sich menschlich und politisch entfremdet haben. „wie lange, glaubst du, driften wir noch auseinander, bis wir/ uns nicht mehr hören können“, fragt einer einmal. Und er sagt: „vor dieser Stille hab ich Angst“.

Brückenschlag zu Andersdenkenden

Die Corona-Pandemie hat die Gräben zwischen politischen Lagern in Deutschland deutlicher denn je hervortreten lassen. Das HOT hat diese drohende Stille erkannt - und nicht nur „Vor Sonnenaufgang“ dagegen auf den Spielplan gesetzt, sondern auch einen Literaturwettbewerb ins Leben gerufen: „Brandenburger Dialoge“. 

Die Idee dazu kam von dem Autor Martin Ahrends. Sie war so einfach wie kompliziert: Texte sollten zum „Brückenschlag mit Andersdenkenden“ ermutigen. Genre offen, aber bitte „dialogisch im Gestus“, wie der Juror Torsten Schulz („Boxhagener Platz“) sagt. Gemeinsam mit Ahrends, Schauspielerin Rita Feldmeier und Chefdramaturgin Bettina Jantzen wählte er die sieben Preisträger:innen aus.

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Julia Schoch aus Potsdam ist auch dabei

Nicht mehr als 7000 Zeichen lang, das war die Vorgabe. Das Preisgeld, jeweils 700 Euro, nahm das Theater aus seinem Etat. Der Förderkreis stiftete dazu zweimal 350 Euro für einen Förderpreis. 47 Texte wurden eingereicht, ausgewählt wurde aus anonymisierten Beiträgen - darunter Gewinner:innen aus Cottbus (Matthias Heine), Kleinmachnow (Jessica Schmidt-Kurschat), Angermünde (Kena Hüsers) und Alt-Galow (Roland Schulz).

Auch die in Potsdam lebende Julia Schoch ist mit dabei. „Große Stille, noch leiser“ heißt der von ihr prämierte Text. Darin ein Paar: einer will reden, will sich trennen, am Ende nach viel Geschrei am liebsten gar nichts mehr hören. Eine Analogie auf kommunikationstechnisches Totalversagen, knapp und trocken, lustig und traurig. 

Schönstes Brandenburgisch

Wie unterschiedlich die Texte und deren Autorinnen sind, zeigt sich auch anhand zwei weiterer Gewinnerinnen: Anke Reimann, die in Michendorf lebt, hat ihren Text „Sprachlos“ genannt: ein Dialog zwischen jemandem, der ein unerlaubtes Wort benutzt hat und sich rechtfertigen soll - ohne jedoch zu wissen, wofür genau. Ein kafkaesker Beitrag zur Debatte um Genderstern und Political Correctness.

„Fichtenringer“ heißt der berührende Text von Andrea Czesienski aus Fichtenwalde, die bis vor kurzem Lektorin bei einem Theaterverlag war. Es ist das in schönstem Brandenburgisch verfasste Porträt von Achim. Ein Brandenburger, der irgendwo in Fichtenwaldnähe lebt, Knochen aus Glas und sonst nicht viel hat, und eingangs von sich sagt: „die ham mir schon wieda uffjejeben“. 

Verleihung am 17.11. um 19.30 Uhr in der Reithalle des Hans Otto Theaters

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