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Die Potsdamer Schriftstellerin Grit Poppe schreibt für Leser jedes Alters und liebt es, sich in die verschiedenen Themen einzuarbeiten. 

© Sebastian Rost

Literatur aus Potsdam: Drei neue Bücher von Grit Poppe

Eine wunderliche Henne, ein mutiges Mädchen und ein ganz besonderer Blutegel - darüber schreibt die Potsdamer Autorin Grit Poppe in "Wilma Wunderhuhn", "Alice Littlebird" und "Angstfresser".

Von Sarah Kugler

Potsdam - Piratin werden. Das wollte Grit Poppe als Kind. Oder Häuptling eines indigenen Stammes. Jedenfalls Abenteuer erleben. Und das tut die Potsdamer Schriftstellerin heute auch – in ihren Büchern. Gleich zwei neue sind bereits diesen Monat erschienen, ein drittes kommt am 11. Februar heraus. Das Schöne: Ein Bilderbuch ist dabei, ein Jugendbuch und ein Roman für Erwachsene. Leser jedes Alters dürfen also abtauchen in Poppes Abenteuerwelten. Beabsichtigt war diese Häufung an Neuerscheinungen übrigens nicht, wie die 56-Jährige sagt. Ein Teil der Texte sei schon lange fertig gewesen, aber sie müssten halt auch immer in die jeweiligen Verlagsprogramme passen. Drei Bücher, drei Verlage, viel Koordination.

Dabei liegt beispielsweise die Geschichte um „Wilma Wunderhuhn“ schon Jahre in Poppes Schublade. Ihr allererstes Bilderbuch ist es geworden, mit Illustrationen von Annika Sauerborn. Es erzählt von der Henne Wilma, die würfelförmige Eier legt und deswegen von den anderen Hühnern im Stall ausgegrenzt wird. Das bleibt natürlich nicht so, die Stallgenossinnen entdecken den Zauber der Würfeleier und alles wird gut. So wie es sein muss, in einem Buch für Kinder ab 3 Jahren, das aber auch Erwachsene mit viel Freude lesen und vor allem daraus lernen können.

Eine Geschichte erregte die Aufmerksamkeit der Stasi

Bereits zu DDR-Zeiten hatte Poppe eine erste Version des Textes geschrieben, damals spielte ein Hahn noch eine größere Rolle, wie sie erzählt. Und erregte so viel Aufmerksamkeit, dass er sogar in ihrer Stasi-Akte vermerkt wurde. „Feine Nuancierung in der Darstellung von Leiterfunktionen und Aussprachen durch Verwendung der Tierfabel (Das seltsame Huhn)“, heißt es dort. „Ich muss den Text irgendwo vorgelesen haben, der Eintrag ist so absurd“, sagt Poppe. In dem nun erschienenen Buch spielt der Hahn kaum noch eine Rolle: „Er verschläft im Prinzip den ganzen Spaß.“

Ein kleines Wunder sei dieses Bilderbuch, das Poppe selbst erst Anfang der Woche erhalten hat. „Durch die großen Bilder wird die Geschichte so richtig lebendig, es ist wirklich schön geworden.“

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Eine Geschichte über Nordamerikanische Ureinwohner

Schwierigkeiten, sich in ganz verschiedene Themen hineinzudenken, hat Grit Poppe nicht. Im Gegenteil: „Mir macht gerade das besonders viel Spaß.“ Manchmal entdeckt sie dabei selbst Neues, so wie vor zwei Jahren beim Schreiben ihres Jugendromans „Joki und die Wölfe“ oder jetzt bei „Alice Littlebird“. Auch das ist ein Jugendroman, ein Abenteuerroman, wie Poppe ihn selbst nennt. Er erzählt von einem Geschwisterpaar, das zu dem Volk der Cree, also den Nordamerikanischen Ureinwohnern, gehört. Alice und ihr Bruder Terry werden von ihrer Familie getrennt und kommen in die „Black Lake Residental School“. Dort erhalten sie neue Namen, dürfen ihre Sprache nicht sprechen, müssen das Haar abschneiden. Mit dem Verlust des Haares beginnt das Buch, schon diese Szene ist intensiv. Die Geschwister sind getrennt, es folgt eine Flucht aus dem Internat, das versuchte Überleben in der Wildnis.

Ähnlich wie bei „Joki und die Wölfe“, verknüpft Poppe hier reale Fakten mit Abenteuerelementen. Besonders letzteres versetze sie sofort wieder in ihre Kindheit, sagt Poppe. Damals hat sie nicht nur viele Abenteuerromane gelesen, sondern auch selbst Wigwams gebaut. Geschrieben hat sie das Buch zu ihrer Zeit als Stadtschreiberin in Rheinsberg, die dortige Natur und besonders die vielen Wildgänse flossen mit in den Text.

Posttraumatische Angststörung

Doch bei allem Abenteuer: Es steckt auch ernste Realität in „Alice Littlebird“. Die Residental Schools, in denen Kinder ihrer Kultur, ja ihren Familien entfremdet wurden, gab es in Kanada wirklich. „Die Aufarbeitung dort ist noch ganz frisch, auch mir war es lange Zeit gar nicht bewusst“, sagt Poppe. Dann fing sie an, Zeitungsberichte aus Kanada zu lesen und war zugleich fasziniert sowie schockiert. Das Thema rund um Umerziehungsheime, die „Schwarzen Pädagogik“, ist der Schriftstellerin nicht fremd. Bereits in ihrem Roman „Weggesperrt“ setzte sie sich mit Jugendwerkhöfen auseinander, Betroffene kennt sie persönlich. „Viele tragen ihre Traumata lebenslänglich mit sich herum“, sagt Poppe. Weil sie in der DDR nicht darüber sprechen durften, und später vielleicht nicht mehr konnen.

So wie Kyra, die Protagonistin ihres Erwachsenenromans „Angstfresser“, der nächste Woche erscheint und den Poppe am 20. Februar in der Villa Quandt vorstellt. Sie schleppt in ihrem Unterbewusstsein ein Erlebnis mit sich herum, das sie verdrängt hat und das doch so nachhaltig wirkt. Nicht schlafen kann sie, unruhig streift sie umher. Bis sie auf den Angsfresser stößt. Den Hirudo Timor, wie er im Lateinischen heißt, ein blutegelartiges Geschöpf, das sich Poppe ausgedacht hat.

Das fremde Wesen am eigenen Körper

Bei ihren Recherchen zu Behandlungen von posttraumatischen Belastungsstörungen ist sie bis in die chinesische Medizin vorgedrungen. Therapien mit Blutegeln hat sie dabei gefunden, die bei vielen Menschen Ekel hervorrufen, sie jedoch fasziniert haben. „Dieses fremde Wesen am eigenen Körper, das ist schon interessant“, sagt sie. In „Angstfresser“ hilft ein solches Wesen – das zeitweise an den Film „Der Nachtmahr“ von Akiz erinnert – der Protagonistin bei der Aufarbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse. Surreal wird es dabei stellenweise, wenn sie in Halluzinationen gleitet. „Mich hat es gereizt, nicht nur realistisch zu schreiben“, sagt Poppe. Um den Ton für ihre Geschichte, die Stimme für Kyra zu finden, hat sie lange experimentiert, wie sie erzählt. Überhaupt sei der Roman ein Langzeitprojekt gewesen. Immer wieder habe sie ihn weggelegt, wieder hervorgeholt – und dann lag das Manuskript fast zwei Jahre lang fertig bei ihr.

Es sei eben nicht immer leicht, Geschichten an die Verlage zu verkaufen. Auch nicht, wenn man schon so lange schreibt, wie Poppe. Trotzdem: Etwas anderes als Schreiben, das könne sie sich nicht vorstellen. Die nächsten Bücher sind bereits in Arbeit, ihre Abenteuer gehen weiter.

>>Buchvorstellung „Angstfresser“ am Donnerstag, 20. Februar um 20 Uhr in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße 46/47

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