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Der Pavillon auf der Freundschaftsinsel wird zur Wunderkammer der Kunst.

© Ottmar Winter

Kunstverein auf der Potsdamer Freundschaftsinsel: Ein stilles Örtchen

Der Brandenburgische Kunstverein schafft im Pavillon auf der Freundschaftsinsel eine Wunderkammer der Kunst.

„Der Schrein schluckt jedes Wort.“ So beschreibt Kurator Manuel Kirsch die aktuelle Ausstellung im Pavillon auf der Freundschaftsinsel vom Brandenburgischen Kunstverein Potsdam (BKV). Mit der gegenwärtigen Schau – so ist in der Pressemitteilung zu lesen – wolle der Kunstverein den gläsernen Pavillon zu einem „Schrein der Freundschaft“ machen, in dem die Kunst aber nicht begraben, sondern bewahrt sei.

Bei einem Schrein handelt es sich gemäß Lexikon um einen meist hausähnlichen Behälter für die Gebeine eines Heiligen. Meist ist der Schrein zur Betrachtung von außen geschlossen, gelegentlich wird er geöffnet. Dass die Huldigung und die Wertschätzung der Dinge der Kunst mittlerweile an die Stelle der Heiligenverehrung getreten ist, wurde schon des Häufigeren vermutet und wird mit der Ausstellung unterschwellig bestätigt.

Kalter Pavillon

Jedenfalls sind Betrachter aufgefordert, in stiller Besonnenheit der inne liegenden Dinge zu gedenken. Zu dem „postfaktischen Gerede“ der medialen Gegenwart wolle die Ausstellung einen Gegenpol der schweigenden Dinge setzen, so Kirsch. Wo viel und auch viel Überflüssiges geredet werde, sei es notwendig, einfach zu schweigen und sich den materialisierten Gedanken der Künstler zu widmen. Denn in der Regel sprächen Künstler eben durch ihre Werke. Diese würden sich grundsätzlich von dem Aufmerksamkeit heischenden Dauerton der Medienwelt unterscheiden.

Ein weiterer Grund, die Ausstellung auf die Besichtigung von außen zu beschränken, könnte auch die heiztechnisch unterdimensionierte Ausstattung des Raumes sein, die einen längeren Aufenthalt dort – jedenfalls für das Aufsichtspersonal – recht unkomfortabel macht.

Eine extrovertierte Wunderkammer

Entsprechend der Konzeption sind die exponierten Gegenstände meist nur von außen zu sehen. Gelegentlich öffnet sich der Ausstellungsraum: so, wenn neue Exponate gebracht und die bisherigen umstrukturiert werden, oder zu einer Diskussion geladen wird. Einige im Kunstbetrieb recht bekannte Namen und ein vielfältiges Sammelsurium von Dingen versammelt sich im „gläsernen Schrein“. Das Ganze wirkt ein wenig wie eine extrovertierte Wunderkammer. Der Betrachter bleibt zwar außen vor, kann aber staunend durch die Glasscheiben die sonderbaren Dingwelten der Künstler in Augenschein nehmen. 

Eine Wunderkammer der Kunst.
Eine Wunderkammer der Kunst.

© Ottmar Winter

So einiges Merkwürdiges findet sich dort: ein aufgehäufter „Kleiner Wachturm“ aus Augäpfeln von Jürgen Eisenacher, ein Megaphon, das im rosa Bauschaum stecken geblieben ist von Young-jun Tak, ein Haufen kleiner Puppenköpfe, genannt „Profiles“, von Alexej Meschtschanow, aus Ton gegossen, und auch ein Skateboard, bestehend aus einem Brett und zwei darunter gelegten Dosen von Gerd Rohling. Einen aus Wachs gefertigten Laptop hat Olivia Berckemeyer „Computerliebe“ getauft. Handelt es sich bei den Arbeiten von Rohling oder Berckemeyer eher um klug konzipierte, witzige Einfälle, so geben Werke wie das sonderbare „Gegenlichtmodell“ von Thomas Scheibitz dem Betrachter einige Rätsel auf. 

Ein Halbrund aus Wellpappe mit einer applizierten Metallkugel hat Scheibitz konstruiert und mit hochglänzendem Klarlack lackiert. Vielleicht möchte das sonderbare Ding einfach darauf hinweisen, dass die Welt nicht bis ins Letzte erklärbar ist und manches möglicherweise Bedeutungsschwangere besser im Ungefähren gelassen wird. Es gelte, „der Rhetorik des Populismus und der Sprache der Übertreibung etwas entgegenzusetzen“, sagt Gerrit Gohlke, der künstlerische Leiter des BKV. Dies sei auch schon mit anderen Ausstellungen geschehen, die eben keine laute Botschaft in die Welt hinaus posaunt hätten, sondern sich auf den stillen Dialog der Dinge und der Dinge mit der Welt konzentriert hätten. 

So leuchtet der „Schrein der Freundschaft“ in der gegenwärtig früh hereinbrechenden Dunkelheit und offeriert dem zufälligen Gartenbesucher einen Einblick in die vielgestaltige Dingwelt der Kunst.

>>Zu sehen bis 24. Februar auf der Freundschaftsinsel.

Richard Rabensaat

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