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Kultur in Potsdam: Süchtig nach Potsdam

Wie Ute Manoloudakis sich in die Landeshauptstadt verguckte – und warum sie bei ihr aussieht wie bei Max Pechstein.

Von Helena Davenport

Posdam - Zwei knallrote Kräne ragen aus Potsdams Mitte hervor – der Landtag wird wiederaufgebaut und ein Engel von der Nikolaikirche schaut zu. „Unter hoher Aufsicht“ zeigt die Landeshauptstadt 2014 in Öl auf Leinwand. Zwei Jahre lang hat die Künstlerin Ute Manoloudakis den Wiederaufbau des Landtags aus verschiedenen Perspektiven mitverfolgt und festgehalten. Auch andere Bewegungen im Stadtbild hat sie in ihren Ölgemälden eingefangen. Sie könne sich nicht satt sehen, sagt die Berlinerin, die seit sechs Jahren in Babelsberg wohnt. „Sehsucht Potsdam“ heißt deswegen ihre Ausstellung im zweiten Stock des Kultusministeriums, die noch bis zum 31. Januar zu sehen ist.

„Ich finde es faszinierend, wie schnell eine Sicht historisch wird“, sagt Ute Manoloudakis. Die Kräne waren nur zeitweise Charakteristika des Stadtbildes. So wie von der Freundschaftsinsel aus auch der rote Bauzaun nicht mehr zu sehen ist, den die 52-Jährige 2012 in einer Arbeit verewigt hat. Und auch das Birkenensemble, in dessen Hintergrund die Umrisse des Marmorpalais zu erahnen sind – festgehalten 2013 – ist mittlerweile geschrumpft.

Manoloudakis’ liebstes Motiv ist die Glienicker Brücke: „Für mich ist sie der Inbegriff von Freiheit“

Weil hier vieles in einem Zuge erneuert werde, weil Altes so rasant wiederhergestellt werde – genau deswegen finde sie Potsdam spannend, sagt die Künstlerin. Position bezieht sie dabei nicht. Ob es jetzt etwa gut oder schlecht sei, das alte Fachhochschulgebäude abzureißen – das ist für sie irrelevant.

Manoloudakis’ liebstes Motiv ist die Glienicker Brücke. Eine Version davon ist in San Francisco in den Räumen eines Architekten gelandet, erzählt sie: Vor den Fenstern habe er dort die Golden Gate Bridge, drinnen ein Pendant aus Brandenburg. „Für mich ist sie der Inbegriff von Freiheit“, sagt Manoloudakis.

In jedem Werk ein Stück der eigenen Persönlichkeit

Die Malerin wuchs in Berlin-Zehlendorf auf. Als Kind stand sie oft an der Brücke und schaute rüber nach Potsdam. Als dann Besuch aus Westdeutschland da war, überquerte sie die Brücke das erste Mal, um Sanssouci zu besichtigen. Eines ihrer ersten Bilder der Brücke, zeigt die sie noch in objektgetreuer Farbgebung. Spätere Versionen sind freier, die Formen reduziert auf markante Elemente, die Farben kräftiger, der Duktus gröber und expressiver. Die Pinselstriche sehen schwungvoller aus. „Wenn ich etwas besonders mag, werden meine Formen organischer“, erklärt die Künstlerin. In jedem Werk stecke auch ein Stück ihrer selbst, ihrer Freuden, Sorgen, Gelüste und Sehnsüchte.

Ute Manoloudakis ist eigentlich Tänzerin. 16 Jahre lang war sie Inhaberin eines Tanzstudios am Berliner Nollendorfplatz. Ihr Gefühl für den Raum sehe man jeder ihrer Arbeiten an, sagte ihr Lehrer Hans Schiller ihr einmal. Als sie noch das Studio betrieb, kam sie vor 23 Uhr nie nach Hause. Irgendwann schlauchte das zu sehr und Ute Manoloudakis entschied, sich auf ihre zweite Leidenschaft zu konzentrieren: das Malen. Eine Schülerin vermittelte sie an Hans Schiller, ehemals Student des Brücke-Künstlers Max Pechstein, später selbst Professor an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Ute Manoloudakis war begeistert und ihr neuer Lehrer auch. „Sind Sie bereit, alles zu vergessen, was Sie bisher gelernt haben?“, habe er sie gefragt. Fünf Jahre lang kam sie einmal die Woche für Einzelunterricht in sein Schöneberger Atelier. Und so ist auch in Manoloudakis’ Arbeiten der Einfluss des Expressionismus aus den Beginnen des 20. Jahrhunderts bemerkbar. 2016 verstarb Hans Schiller im Alter von 96 Jahren.

„Ich hoffe, der Kunstunterricht ist heute besser“

Auf Ute Manoloudakis’ Leinwand biegt ein Weg mal plötzlich rechts ab, obwohl er in Wirklichkeit eigentlich gerade ist. Oder ein Gebäude hat der Bildkomposition zuliebe nur zwei Etagen statt drei, so wie das Museum Alexandrowka. Manchmal scheinen die Bauwerke hinter den Landschaften in starken Farben sogar komplett zu verschwinden. Die Künstlerin betont gezielt das Motiv, um das es ihr geht. Den Mut für Kontraste, aber auch für Weißraum musste sie sich erst aneignen – ihr Mentor spornte sie an.

Ursprünglich habe sie keinen Lehrer haben wollen, erzählt Manoloudakis. Der Grund: In ihrer Schulzeit sollte sie Sonnenblumen unter blauem Himmel malen. Der Hintergrund ihrer Sonnenblumen besaß am Ende allerdings eine ganz andere Farbigkeit – zum Ärger des Lehrers. „Ich hoffe, der Kunstunterricht ist heute besser“, sagt die Malerin.

Potsdam ist für sie ein Cocktail – so vielfältig sei das, was es zu malen gibt. Der Aufbau ihrer aktuellen Ausstellung im Kulturministerium dauerte zwei Tage. Einmal schaute die Künstlerin zufällig aus einem der Fenster: die Kuppel der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“ bei Sonnenuntergang. Ute Manoloudakis strahlt: „Überall gibt es Schätze.“

„Sehsucht Potsdam“, bis 31. Januar, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dortustraße 36, Eintritt frei.

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