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Dorett Molitor, die Kuratorin der Ausstellung „40 Jahre Filmmuseum Potsdam“.

© Andreas Klaer

Jubiläum des Filmmuseums: Doppelausstellung zu 40 Jahren Filmgeschichte

Das Filmmuseum feiert seinen 40. Geburtstag mit zwei Geschenken. Eines davon macht es sich selbst, eine Ausstellung zu eigenen Geschichte.

Potsdam - Die beiden Direktorinnen haben die blauen Sitze im Saal schon lange nicht mehr besetzt gesehen. Seit Oktober 2020 gab es keine Vorstellungen im Filmmuseum. „Das rührt uns jetzt fast zu Tränen“, sagt Ilka Brombach zur Begrüßung beim Blick auf das Publikum. 

Auch jetzt sind nur Freunde und Pressevertreter da, aber man feiert eindeutig nicht nur den 40. Geburtstag des ältesten deutschen Filmmuseums, sondern auch ein bisschen Wiederauferstehung. „Man könnte meinen, dass uns Ministerin Schüle die Öffnung der Säle zum Geburtstag geschenkt hat“, scherzt Christine Handke. 

Großes Geschenk zum 40.

Ilka Brombach, die seit Oktober mit Christine Handke im Leitungsteam ist, fügt dem später noch einen realen Wunsch hinzu: personelle Verstärkung in der Vermittlungsarbeit, das wäre doch was. Wirtschaftliche Engpässe begleiten das Filmmuseum spätestens seit 1990, aber Geburtstagsgeschenke gab es immer: Geld für eine neue Dauerausstellung zum Beispiel. 

Am 19. August soll der 40. Geburtstag gebührend mit einem Fest und dem Publikum gefeiert werden. Aber das große Geschenk ist das neue Depot, das in Babelsberg entsteht und einer fast 30-jährigen Interimslösung endlich ein Ende bereiten wird. 2022 schon soll es eröffnet werden. Lange mussten die Sammlungen des Museums unter unwürdigen Bedingungen im Norden der Stadt hausen, das ist bald vorbei. In Babelsberg warten 6300 Quadratmeter für den Bestand, mit Schaudepot.

Die Direktorinnen des Filmmuseum, Ilka Brombach (l.) und Christina Handke.
Die Direktorinnen des Filmmuseum, Ilka Brombach (l.) und Christina Handke.

© Manfred Thomas

Eine Ausstellung ist im Foyer zu sehen, die andere digital 

Das Geschenk, das sich das Filmmuseum selbst zum 40. Geburtstag macht, steht ganz im Zeichen der in den letzten Monaten entdeckten Hybridität: eine Doppelausstellung über die eigene Geschichte. Eine vor Ort im Foyer und eine zweite digital, zu besuchen über die Museumswebseite. Vor Ort kuratiert hat Dorett Molitor, die dreißig von vierzig Jahren die Geschicke des Museums begleitet und mit gelenkt hat. Sie war die erste, die Bärbel Dalichow damals einstellte, als sie nach der Wende das Museum neu erfand. Seit 2008 leitet Molitor die Sammlungen. 

Für die kleine, feine Schau „40 Jahre Filmmuseum Potsdam“ im ersten Stock des Foyers hat Molitor tausende Bilder und Texte aus vier Jahrzehnten durchforstet. „Das Hauptproblem war, auszuwählen“, sagt sie. Filmaufnahmen, Interviews, ein digitalisiertes Gästebuch mit Promi-Einträgen von Nina Hagen, Armin Mueller-Stahl kann man über Bildschirme abrufen. 

Vier Teile - vier Jahrzehnte

Das andere Material hat sie in vier Teile verdichtet, die für je ein Jahrzehnt stehen. Wobei die Geschichte des Filmmuseums eigentlich zwanzig Jahre früher beginnt: 1961 regt Defa-Spielfilmstudioleiter Albert Wilkening die Gründung eines Filmmuseums der DDR an. 

Zur Eröffnung kommt es erst im April 1981. Zwischendurch soll sogar der Marstall, das älteste erhaltene Gebäude Potsdams, abgerissen werden. Konrad Wolf weiß es zu verhindern. 

Die Foyer-Ausstellung fasst in Schautafeln zusammen, was dann folgte. Die Anfänge in den 1980er-Jahren, mit der ersten Ausstellung zu Filmtechnik und eigenem Filmcafé. Den euphorischen Aufbruch nach 1990 mit einer neuen Flut aus Programmen und Ausstellungen. 

Die Sparzwängen abgerungene Kontinuität nach 2000. Schließlich die Neuausrichtung nach Bärbel Dalichows Abschied in die Frührente 2013 unter der neuen Direktorin Ursula von Keitz.

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Erinnerungen an die Anfänge 

Immer mal wieder sah es zwischendrin so aus, als könnte das Museum seinen nächsten runden Geburtstag nicht mehr erleben. Dorett Molitor erinnert sich an den ersten Schock, kurz nachdem sie Mitte 1990 ans Haus gekommen war und die Loslösung von der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten anstand. 

Daran, wie Bärbel Dalichow wirbeln und verhandeln musste, um das Haus finanziell einigermaßen sicher aufzustellen. Oder daran, wie 1999, nach dem erfolgreichsten Jahr in der Geschichte des Filmmuseums, plötzlich 500.000 Euro eingespart werden sollten. Molitor weiß auch, um wie viel der Ausstellungsetat seit 1990 erhöht wurde: nämlich gar nicht. 

Die Foyerausstellung "40 Jahre Filmmuseum Potsdam" läuft bis Juni 2022.
Die Foyerausstellung "40 Jahre Filmmuseum Potsdam" läuft bis Juni 2022.

© Manfred Thomas

Und sie spürt die Folgen der Tatsache, dass es von einst 35 festen Mitarbeiter:innen am Haus nun nur noch 21 gibt, am eigenen Leib. Die Arbeit wird nicht weniger; die Schultern, auf denen sich die Arbeit verteilt schon. Stattdessen erlernte man notgedrungen die Kunst des Drittmittelerwerbs und der Kooperation. 

Auch die Verbindung mit der Filmuni, deren Institut das Filmmuseum seit 2011 ist, war zunächst eine Vernunftehe. Inzwischen bezeichnen sie die Direktorinnen als vollen Erfolg. Formate wie das Festival „Moving History“ wären ohne die Nähe zur Wissenschaft nicht möglich. 

Am wenigsten überlegen muss Dorett Molitor, wenn es um Höhepunkte der letzten Jahrzehnte geht. Armin Mueller-Stahl sieht sie noch heute aus dem Filmsaal in die Ausstellung gehen, erinnert sich an seine ganz besondere Aura der Ruhe, seine gerade Haltung. 

Oder die quirlige Nina Hagen, die damals in Kleinmachnow lebte, eigentlich krank war, trotzdem kam und von Fans geradezu bestürmt wurde. Oder der von ihr seit Jugendtagen verehrte spanische Regisseur Carlos Saura, dessen düstere, kritische Filme sie aus dem DDR-Fernsehen kannte. Mit finanzieller Hilfe der spanischen Botschaft flog man ihn ein. 

Sie alle haben sich im Gästebuch verewigt. Zusammen zeigen sie die künstlerische Bandbreite auf, die in diesem schmalen, liebevoll „Lindwurm“ genannten Haus zu erleben war und ist. „Ein Museum ist nicht mit seiner Eröffnung vollendet – es beginnt mit diesem Tag seine Entwicklung“ steht am Anfang der Ausstellung im Foyer. Gesagt wurde das 1981. Und könnte 2021 wahrer nicht sein. 

„40 Jahre Filmmuseum Potsdam“, bis 6. Juni 2022 im Foyer des Filmmuseums

Lena Schneider

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