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Höhere Mieten für die Panzerhalle: Was die Kunst der Stadt wert ist

Seit 2007 können Künstler im Atelierhaus Panzerhalle zu günstigen Mieten arbeiten. Jetzt aber hat die Stadt die Preise drastisch erhöht, manche überlegen, die Stadt gleich ganz zu verlassen.

Nach einem Ort für die Kunst in Potsdam fragte Silvia Klara Breitwieser im vergangenen Herbst auf dem Schlossplatz vor dem neuen Landtag. „Die Gegenwartskunst ohne Haus?“ war auf einem von Gittern eingerahmten Schild zu lesen, das die Künstlerin bei der Aktion „Faszination und Fassade“ des Neuen Atelierhauses Panzerhalle (NAP) im vergangenen Herbst in Potsdam gezeigt hat.

Breitwieser und 23 anderen Künstlerinnen und Künstlern des Atelierhauses flatterte im vergangenen Herbst die Ankündigung einer Mieterhöhung für ihre Atelierräume in der Alten Waldschule in den Briefkasten. Der zuständige Kommunale Immobilienservice Potsdam (KIS) erhöht die Miete zu Beginn dieses Jahres von drei Euro pro Quadratmeter auf 5,21 Euro brutto, die Jahresmiete steigt um 34 476 Euro von 46 800 auf 81 276 Euro. Das ist für die Künstler ein schwerer Schlag. Das Atelierhaus besteht schon seit 1995 und war zunächst in den Räumen einer alten Panzerhalle auf dem ehemaligen Kasernengelände Waldsiedlung in Groß Glienicke beheimatet. Dort mussten die Künstler wegen des Verkaufs des Gebäudes ausziehen. „Es hat sich in den vergangenen Jahren eine Gemeinschaft gebildet, die gemeinsam Ausstellungen plant, nach außen in Erscheinung tritt, und in der viel gegenseitiger Austausch ist“, sagt etwa der Performance-Künstler Carsten Hensel.

Seit 2007 nutzen die Panzerhallenkünstler die Räume der vormaligen Schule in Glienicke. Hier erhofften sie sich Mietsicherheit für die kommenden Jahre. Oberbürgermeister Jann Jakobs hatte sie darin noch im Frühjahr vergangenen Jahres bestärkt. Er sicherte den Künstlern zu, wenigstens bis zum Jahr 2018 in dem Gebäude bleiben zu können. Dann läuft die bisher vertragliche festgeschriebene Nutzungsbindung aus. Die Zusage habe auch weiterhin Bestand, versichert die Pressesprecherin Christine Weber auf eine Anfrage. Allerdings könne das Objekt nur zu „marktüblichen Bedingungen“ weiter genutzt werden. Der Leiter des Kommunalen Immobilienservice stand für ein Interview nicht zur Verfügung.

Im Vergleich zu Berliner Mietpreisen klingen 5,21 Euro Miete brutto pro Quadratmeter günstig. Aber: „Das Gebäude ist seit DDR Zeiten nicht renoviert worden, es liegt weit außerhalb der Stadt, ist schlecht zu erreichen, die Sanitäranlagen sind mangelhaft“, sagt Kiki Gebauer, eine der dort arbeitenden Künstlerinnen. Einige vor allem jüngere Künstler können sich die steigenden Mietpreise nicht leisten und überlegen, als Konsequenz auszuziehen.

Auslöser für die Mieterhöhung sei eine Anfrage des ehemaligen Grünen-Abgeordneten Andreas Menzel bei der Kommunalaufsicht gewesen, so die Vorsitzende des Kulturausschusses, Karin Schröter (Die Linke). Menzel habe darauf hingewiesen, dass eine verkappte Subventionierung des Atelierhauses durch Mietvereinbarungen stattfinden würde, die unterhalb des marktüblichen Zinses lägen. Das Ministerium des Inneren und für Kommunales Brandenburg äußert sich, in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde, hierzu nur reichlich vage. Der KIS müsse als Eigenbetrieb darauf achten, für verwaltete Immobilien im Regelfall die ortsübliche Miete zu erheben. Der KIS allerdings bestreitet, dass die Kommunalaufsicht überhaupt eine Rüge hinsichtlich der angeblich subventionierten Mieten erteilt habe. Ausschließlich eine Anpassung an die marktüblichen Mietzinsen habe der Service im Sinn gehabt, so Weber. Wie der Eigenbetrieb den „marktfähigen Mietzins“ allerdings ermittelt hat, ist nicht so recht ersichtlich. An einem Mietspiegel der Industrie und Handelskammer, an einem Gutachten oder dergleichen habe man sich ausdrücklich nicht orientiert, versichert Weber: „Der KIS hat sich am Marktniveau orientiert, es lagen zahlreiche Mietanfragen an den KIS für das Objekt vor.“

Sicher ist dennoch, dass die Künstler durch die Mieterhöhung stark gebeutelt werden – gerade weil der vorhandene Mietraum für bildende Künstler in der Stadt nicht eben üppig ist. Deshalb brachte Karin Schröter in den Kulturausschuss einen Antrag ein, der vorsieht, die bildende Kunst durch eine Subventionierung von Ateliers zu fördern. Das ist der Weg, den auch das Ministerium favorisiert. Dessen Sprecherin Susann Fischer weist darauf hin, dass eine Senkung gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete als Subvention im Kulturhaushalt ausgewiesen werden müsse. Aktuell jedoch sind im Potsdamer Landeshaushalt keine Mittel zur Subventionierung von Künstlerateliers vorgesehen. Die vor Ort arbeitenden aktiven bildenden Künstler stünden nicht gerade im Fokus der Landespolitik, so Schröter. Es seien zwar verschiedene Möglichkeiten angedacht worden, um Atelierraum zu schaffen. „Aber ob es um die Zeppelinstraße, das ehemalige Kreiswehrersatzamt oder einen anderen Standort geht, immer sind Investitionen in Millionenhöhe notwendig. Es muss aber eine Lösung gefunden werden, bevor einige Künstler auf der Strecke geblieben sind“, so Schröter.

Auch der Preis für bildende Kunst, den die Stadt dieses Jahr zum ersten Mal auslobt, sei eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Notwendig sei eine umfassende Aufwertung der bildenden Kunst in Potsdam, die Atelierförderung, Residenzen und dauerhaft sichere Arbeitsmöglichkeiten beinhalte. „Da gibt es einiges. Wir haben eine lebendige Szene der bildenden Kunst in Potsdam, aber sie muss auch gewürdigt werden“, so Schröter. „Was bedeuten die bildenden Künstler überhaupt für die Stadt Potsdam“, fragt Hensel und Gebauer vermutet, dass eine politische Neuorientierung notwendig sei, um Potsdam nicht nur als prächtiges Museum für bereits vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten produzierte Kunst aufblühen zu lassen.

Richard Rabensaat

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