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Groß Glienicke und der Film. Auch Fünftklässler der Grundschule Hanna von Pestalozza im Ortsteil leben den Film.

© Ottmar Winter PNN

Geschichten vom geteilten Dorf: Webseite zeigt Groß Glienicker Filmbiografien

Im Internet präsentiert sich der Potsdamer Ortsteil als Ort der lokalen Filmwelt. Und im Sommer soll es Open-Air-Kino geben.

Potsdam - Als Helga Schütz im heutigen Potsdamer Ortsteil Groß Glienicke lebte, verlief die Mauer direkt durch ihren Garten. Erst Stacheldraht, später Beton. 1962 war die Drehbuchautorin mit ihrem Mann, dem Defa-Regisseur Egon Günther, aus Babelsberg hierhergezogen. „Wir leben in einem geteilten Dorf. Wir sind zugereist“, schreibt sie knapp 40 Jahre später in ihrem autobiografischen Roman „Grenze zum gestrigen Tag“.

Groß Glienicke, dieses „geteilte Dorf“, war in den 1960er-Jahren bereits eine lange etablierte Enklave für Filmleute aus Babelsberg. Schöne Natur, dabei nah genug an Berlin und Babelsberg: Das dürfte die Filmschaffenden seit den späten 1920er-Jahren nach Glienicke gezogen haben. Der Ufa-Filmstar Olga Tschechowa kaufte sich 1928 ein Grundstück an der Uferpromenade 40. Anders als Günther und Schütz wohnten viele vor allem im Sommer und an den Wochenenden hier.

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Der Groß Glienicker Arbeitskreis „Filme und ihre Zeit“ knüpft seit Jahren an die Film-Tradition des Ortes an und veranstaltet im Spätsommer die Open-Air-Reihe „Kino auf der Badewiese“. Anfang 2020 entschloss man sich, dem lokalen Filmerbe intensiver nachzugehen und die Lebenswege der Groß Glienicker Filmschaffenden zu recherchieren. Das Ergebnis ist nun im Internet zu sehen.

Lokale Filmgeschichte aufgearbeitet

Es ist tatsächlich ein kleiner Schatz an lokaler Filmgeschichte. 36 Filmschaffende hat der Arbeitskreis in Kooperation mit dem Projekt „Das filmische Gesicht der Stadt Potsdam“ unter der Leitung von Anna Luise Kiss und der Filmuniversität Babelsberg aufgetan. 

Die Webseite verortet die Filmschaffenden mit Bildern auf einer Karte links oder rechts des Groß Glienicker Sees: Das linke Ufer war einst DDR, das rechte Bundesrepublik. Die große Mehrzahl der erfassten Filmschaffenden sind in Schwarzweiß gezeigt: Sie leben nicht mehr. Sechs Farbfotos zeigen jedoch, dass der Filmstandort Groß Glienicke, vergleichsweise bescheiden, weiterlebt. Filmleute wie der nordrhein-westfälische Schauspieler Jürgen Tarrach leben wieder hier – und der Defa-Dokfilm-Regisseur Kurt Tetzlaff immer noch.

Projekt wird weitergeführt

„Ohne die Filmuni wäre das Projekt unmöglich gewesen“, sagt Holger Fahrland, der Initiator des Arbeitskreises. „Und ich habe das Gefühl, dass wir noch viel, viel mehr Informationen bekommen werden.“ Der seit dem gestrigen Montag freigeschaltete Internetauftritt ist ausdrücklich kein Abschluss des Projekts, sondern zeigt ein „Work in Progress“. 

Einige Biografien sind noch nicht vollständig, die Webseite soll weiter wachsen. Im kommenden Jahr soll zudem eine Publikation die erfassten Information analog zugänglich machen – und eine Schautafel an der Badewiese soll über die Film-Geschichte des Ortes informieren, QR-Code und Zugang zur Webseite inklusive.

Open-Air-Kino im Sommer geplant

Die Groß Glienicker Filmfans um Holger Fahrland haben zudem auch 2021 ein Open-Air-Programm ausgetüftelt, mit populären Gästen. Am 18. Juni wird „Gundermann Revier“ von Grit Lemke zu sehen sein, am 6. August anlässlich des diesjährigen Defa-Jubiläums „Tandem“ von Bernhard Stephan (laut Webseite Regisseur von 67 Folgen „Der letzte Zeuge) – ein weiterer Groß Glienicker. 

Und auch der Abschluss soll im Zeichen von 75 Jahren Defa stehen: Am 16. Oktober zeigen Winfried und Barbara Junge einen Film aus ihrer Langzeitdokumentation „Die Kinder von Golzow“.

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