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Kultur: Fröhlichkeit

Orgelsommer mit Fiseisky in der Friedenskirche

Dass der Organist eine Menge von außergewöhnlicher Klangfarbendramaturgie versteht, beweist Alexander Fiseisky bei seinem Auftritt im Rahmen des Potsdamer Orgelsommers erneut. Beim erstmaligen Gastspiel 2003 spielte er auf der Schuke-Orgel in der Erlöserkirche ein breit gefächertes Programm. Diesmal erwählte sich der 53-jährige Konzertorganist aus Moskau, der Solist der Staatlichen Moskauer Philharmonischen Gesellschaft und Leiter der Orgelklasse an der Russischen Gnessin-Musikakademie ist, die Woehl-Orgel (vorher vom Meister persönlich für diesen Anlass feingestimmt), um sein Können in einem französisch geprägten Programm vorzustellen. Er habe es speziell für die Möglichkeiten dieser Orgel erarbeitet, lässt Alexander Fiseisky das Publikum zuvor wissen. Und auch Bachs Praeludium und Fuge Es-Dur BWV 552 passe dazu, denn der Komponist habe es in frankophoner Manier geschrieben.

Leichtfingrig und fast fröhlich breitet er es eingangs aus: In opulenter Klangfülle, als eine strahlende Festmusik voller Glanz. Er zieht warm getönte Register, meidet jegliche prinzipalstimmige Schärfe. Das kecke Thema tupft er im Diskant leicht hin. Geradezu vergnüglich macht er deutlich, dass das Stück der Concerto-grosso-Form verhaftet ist: das „Tutti“ lässt er in fast sinfonischer Fülle aufrauschen. (Ein mehr als dezenter Hinweis auf die nachfolgenden Franzosen.) Beeindruckend sein schönes Legato in leuchtenden Farben. Kurzum: er spielt einen auffallend klangsinnlichen Bach. Auch der Fuge ist formale Strenge und mathematische Tüftelei genommen. Kopf und Herz sind gleichermaßen angesprochen.

Für „Grande pièce symphonique“, ein wirklich großes sinfonisches Stück von César Franck (1822-1890), bevorzugt er das III. Manual, um durch dessen französisch orientierte Disposition das vielsätzige Werk so authentisch wie möglich erklingen lassen zu können. Einschließlich des sinnvoll verwendeten Schwellwerks und des starken Tremulanten, zungenstimmenreicher Mixturen Die Wechsel von hoher und tiefer Lage sorgen für plastische Kontraste. In einem innig ausgesungenen Abschnitt zeigen sich Stück wie Organist ganz von ihrer seelenerbaulichen Seite. Ein Allegro non troppo e maestoso zeigt sich toccatennah, drängend und crescendierend. Es mündet in ein ruhiges, von Notturnostimmungen durchzogenes Andante. Aus einem düsteren Choral, angestimmt als tiefengründelndes Pedalsolo (mit Kontrabass und Posaune), schwillt es majestätisch an, um schließlich in ein glanzvoll-rauschendes „Orchestertutti“ zu münden.

Dem schließt sich die mit Spannung erwartete Wiedergabe der 5. Orgelsymphonie f-Moll von Charles-Marie Widor (1844-1937) – dem Schöpfer dieser Gattung – an. Alexander Fiseisky stellt sie mit viel registrierendem Raffinement als ein 37-minütiges Wunderwerk an Stimmungen, Farben, aufbrausenden Attacken, elfengleichem Huschen, ätherischem Schweben und liedhafter Innigkeit vor. Zu Beginn ist das filigrane Themengeflecht mit toccatischen Einsprengseln versetzt. Ein dezenter Fingerzeig auf das, was vier Sätze später zur Krönung des Ganzen gerät: jene mitreißende Toccata, die es mit Bachs nicht weniger berühmtem d-Moll-Pendant BWV 565 aufnehmen kann. Ohne effekthascherisches Anbiedern erweist sich die Widorsche Toccata als ein sich organisch entwickelndes Finale voller Vitalität glanzvoll im vollen Orgelwerk erstrahlend.Peter Buske

Peter Buske

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