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Maren Strack in "Frauen am Herd", mit coronabedingter Verspätung uraufgeführt an der fabrik Potsdam.

© Uwe Arens

Doppelpremiere an der fabrik: Die Pandemie tanzen

Was hat Corona mit uns gemacht? Maren Strack und Golde Grunske untersuchen tänzerisch zwei schwierige Themen: Die Rolle der Frau im Haushalt und die Sehnsucht nach Nähe.

Potsdam - Die Frage, wie die Coronapandemie einst erinnert werden wird, kann nur die Zukunft beantworten. Wagen wir dennoch die Hypothese: Der Haushalt und die Rolle der Frau darin dürfte eine Rolle spielen – ebenso wie die Sehnsucht nach Nähe. Beides sind Spielarten von Isolation, dem Hauptmotiv der Pandemie. Beides war am Wochenende Thema in einem Doppelabend, mit dem die fabrik zwei Premieren des Festivals Made in Potsdam nachholte. 

Kunst aus Brandenburg

Gezeigt wurde zweimal Kunst aus Brandenburg – Stücke, die ästhetisch unterschiedlicher kaum sein könnten. Aus Birkenwerder war die Performerin Maren Strack zu Gast, im Gepäck die Uraufführung „Frauen am Herd“, coronabedingt mehrfach verschoben. Strack arbeitet mit Schlamm, Autoersatzteilen oder Latex, vor allem aber mit dem eigenen Körper: Sie macht das Material zur zweiten Haut.

Diesmal also metallene Küchenutensilien. Töpfe, Deckel, Kellen, Tabletts, eine Herdplatte. All das steht eingangs auf der wenige Quadratmeter großen Bühne – und alles landet früher oder später mit großem Gepolter an einer der beiden rostigen Metallwände. Sie selbst ist vom geflochtenen Zopf bis zur Plateausohle mit Magneten versehen: Alles in dieser Küche, und damit sind wir beim Thema, bleibt an ihr hängen. 

Eine Küchenfee zerlegt die Küche, und sich gleich mit

Zuerst aber werden Racuchy gemacht, polnische Pfannkuchen, polnisch geredet wird auch – dann zerlegt diese Küchenfee ihr Reich in seine Einzelteile. Und sich selbst gleich mit. Dass die langen Zöpfe wie Seile aussehen: kein Zufall. Strack zerschneidet sie, genüsslich. Die Bürsten, mit denen sie zuvor den Tisch schruppte, sie waren statt mit Borsten mit Nägeln versehen. Strack benutzt sie zum Steppen.

Wie „Frauen am Herd“ in Haushaltsgerät das Krachpotenzial freilegt, ist eine Freude – aber etwas vorhersehbar ist es auch. Die Performance sieht sich wie ein spielerisch aufbereitetes feministisches Manifest, das man gerne unterschreiben würde. Künstlerisch aber fehlt dann doch ein wenig die Reibungsfläche.

Hetzen, hüpfen, ackern - jeder für sich

Ganz anders, aber ähnlich pur ist „Con.takt.los“ von Golde Grunske aus Cottbus. Die Vier Tänzer:innen (Leticia Taguchi, Ronja Häring, Konstantinos Spyrou und Shuang Liang) stehen von der ersten Minute an unter Strom, befeuert von peitschenden Beats. Sie rennen, springen, ackern, jede:r für sich. Sie sind fast nonstop in Bewegung – und lange Zeit wird jede Bewegung im Ansatz abgebrochen. 

Hier kämpfen vier Menschen um größtmögliche Freiheit auf kleinstem Raum, hetzen, hüpfen – und kommen nicht vom Fleck. Das Dauerthema der Pandemie. Immer wieder biegen sie sich in unbequemste Verrenkungen, um mit einem Fuß, einem Ellenbogen, einer Hand in die Nähe eines anderen zu kommen – ohne Erfolg. Erst ganz am Schluss, in einer traumartigen Frequenz, berühren sich Hände, kommt es zu einer Umarmung. Die Zielgerade dieser Pandemie ist erreicht. 

Nochmals zu sehen am 2.4. um 19.30 Uhr in der fabrik

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