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Kultur: Der Blickwinkel entscheidet

Dominique Raack und ihre Ausstellung „Promises from the Moon“ im Pomonatempel

Von Helena Davenport

Einige Dinge sind so gewiss wie nasse Füße nach einem Sprung in die Havel. Andere wiederum ungewiss – wie das Wetter, ein freier Parkplatz oder erholsamer Schlaf, die Zukunft, das Glück. Vieles kann auch gar nicht durch den Einzelnen beeinflusst werden. Die Künstlerin Dominique Raack fragt in ihrer Ausstellung mit dem Titel „Promises from the Moon“ nach den Freiräumen, die bleiben: Was habe ich selbst in der Hand und welche Möglichkeiten habe ich? Die Schau im Pomonatempel auf dem Pfingstberg wird am heutigen Samstag um 14 Uhr eröffnet und ist bis zum 10. September an den Wochenenden zu sehen. Präsentiert werden Fotoarbeiten und Keramiken, die zwischen 2014 und 2016 entstanden.

In ihren Fotoarbeiten stellt Dominique Raack die Beziehungen zwischen den Dingen als feine Fäden dar. Mal sind zwei Baumgruppen miteinander verbunden, mal Mond und Wolken. Vielleicht sind einige Dinge nur deswegen ungewiss, weil ihre Zusammenhänge nicht sichtbar sind oder weil diese nicht wahrgenommen werden. Gestein, Mond, Kiefern und Wolken sind die immer wiederkehrenden Bildelemente der Fotoarbeiten. „Ich komme aus der Lausitz. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, sehe ich Kiefern“, erklärt die Künstlerin.

Die 42-Jährige fotografiert seit ihren Jugendjahren alles, was ihr in der Natur über den Weg läuft – ob in ihrer Heimat oder während ihrer Auslandsaufenthalte in Neuseeland, der Ukraine und in Spanien. Aus ihrer eigenen Bilddatenbank sucht sie dann passende Motive heraus und fügt sie mithilfe von Photoshop zu neuen Kompositionen zusammen. „Zu Anfang habe ich eine Idee, aber dann gehe ich sehr intuitiv vor, sodass das Ergebnis meist ganz anders aussieht“, erzählt Raack. Entstanden sind Collagen, die aufgrund ihrer bräunlichen Farbigkeit und ihrer Grobkörnigkeit eine nostalgische Stimmung verbreiten. Das Dargestellte kommt allerdings eher einer Traumwelt gleich. Elemente überlappen einander, andere verschwimmen mit dem Hintergrund, als wären sie von Dunst umhüllt. Und was machen eigentlich die zwei Nashörner auf dem Sprungbrett?

Der Mond soll symbolhaft für den Kreislauf des Lebens stehen, der inmitten der Beziehung zwischen Natur und Mensch verläuft. In jeder Fotoarbeit ist die Konstellation der Bildelemente anders – man schaut also jedes Mal aus einer anderen Perspektive auf die Zusammenhänge. Der Blickwinkel entscheidet, welche Beziehung sichtbar wird. Zugleich macht er fest, wie groß der Raum für das eigene Handeln ist. Die Zartheit der Fäden lenkt weiter zur Frage: Was kann der Protagonist verändern, ohne das feine Netzwerk zu zerstören?

Dominique Raack hat Medienwissenschaft an der Universität Potsdam studiert. Sie beschäftigte sich hauptsächlich mit Videodokumentationen und -animationen, bevor sie zum Medium Einzelbild kam. Seit 2014 arbeitet sie auch mit Keramik. „Normalerweise sitze ich den ganzen Tag am Computer. Nun habe ich gemerkt, dass ich sehr gerne etwas mit den Händen forme“, berichtet die Künstlerin. In ihrem Arbeitsraum im Rechenzentrum in der Potsdamer Innenstadt, den sie im vergangenen Herbst bezogen hat, sei das allerdings doch ein bisschen zu gefährlich. Der Ton könne die Technik beschädigen. Hier arbeite sie ausschließlich mit Fotos.

Vier ihrer Keramikarbeiten werden im Pomonatempel ausgestellt. Die analog gefertigten runden Platten mit jeweils einem Durchmesser von rund 24 Zentimetern bilden einen Kontrast zu den Fotoarbeiten. Ihre Oberflächen sind unterschiedlich gestaltet. Linien und kreisförmige Erhöhungen erinnern an Formen aus der Natur: an Tropfen, an die Maserungen von Baumrinden, an Bienenwaben oder Muschelschalen. Die vier Keramiken sollen jeweils symbolhaft für alle vier Elemente stehen. Jede Keramikarbeit verweist also auf das Zusammenwirken von Feuer, Wasser, Luft und Erde.

An der Wand direkt hinter den Keramiken hängen die vier jüngsten Fotoarbeiten der Ausstellung. Die runde Form, die auch in den vorigen Fotoarbeiten als Mond auftauchte, ist hier besonders präsent– sie entwirft einen Rahmen um die Landschaft. „Einerseits bildet das Runde die Perspektive. Man schaut wie durch ein Rohr. Andererseits soll das Runde auch für das Ganze stehen, für die Komplexität des Kreislaufes“, erklärt Raack.

Die Beziehungen zwischen Mensch und Natur stehen im Fokus von Dominique Raacks Arbeit. Auch aus diesem Grund ist der Pomonatempel auf dem Pfingstberg ein passender Ort für ihre erste Einzelausstellung. Von der erhöhten Lage aus kann der Besucher das Zusammenspiel von Natur und Kultur in der Umgebung überblicken. Im Tempel finden jedes Jahr um die vier Ausstellungen statt, für die sich Künstler aus der Region beim Förderverein Pfingstberg bewerben können.

„Promises from the Moon“, bis zum 10. September im Pomonatempel, samstags, sonntags und feiertags von 14 bis 17 Uhr, Eintritt frei

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