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Wechselspiel in Wolfgang Przibillas Kunst.

© Potsdamer Kunstverein

Ausstellung zu Wolfgang Przibilla in Potsdam: Von karger Üppigkeit

Er fuhr zur See, arbeitete beim DDR-Fernsehen und malte überall: jetzt sind Wolfgang Przibillas Collagen in der Potsdamer „Guten Stube“ zu sehen.

Potsdam - Die einfachen Materialien faszinieren Wolfgang Przibilla: Kaffeefilter, Packpapier, abgerissene Teile aus Zeitungen. Daraus fertigt der 1940 in Berlin geborene Grafiker und Künstler Collagen, Materialassemblagen und andere Objekte, die sich meist aus der Fläche in den Raum bewegen. „Es ist mir wichtig, dass die Dinge, die ich verwende, sich ertasten und erfühlen lassen“, sagt Przibilla. In der „Guten Stube“ des Potsdamer Kunstvereins sind seine Arbeiten derzeit zu sehen. Das Glatte, die Oberfläche der Dinge, das was sich an Bildern heute am Computer auf Hochglanz polieren lässt, das habe ihn nie interessiert, so Przibilla. Seine Bilder sprechen eine sperrige Sprache, die sich erschließt, wenn der Betrachter den Blick auf die Details richtet und sich mit dem Künstler darauf konzentriert, wie einzelne Fetzen, Farben von Schnipseln, mit Resten von gedruckter Schrift harmonieren.

Sorgfältig hinter Glas gerahmt und in Gruppen gehängt, geben die Bilder doch nur einen kleinen Einblick in das Werk von Przibilla. „Das sind die Sachen, die schon gerahmt waren. Es gibt noch viel mehr, aber das ließ sich nicht so einfach zeigen“, sagt Przibilla. Vieles auf Papier Gezeichnetes gebe es noch, viele Skizzen, auch einiges Gefilmtes. Denn der Künstler hat nach seinem Studium an der Kunsthochschule Weißensee für das Fernsehen der DDR gearbeitet und Szenenbilder, den Vor- und Nachspann von Filmen erstellt. „Gelegentlich konnten wir in den Studios während der Nacht ganz freie künstlerische Arbeiten machen, da hatten wir die Technik zur Verfügung“, so Przibilla. So seien kleine, handwerklich nicht sehr aufwendige Filme zu Gedichten von Hans Arp und anderen entstanden. Für Spiel- und Dokumentarfilme habe er die Abläufe gezeichnet und Detailskizzen erstellt. „Das waren so schnelle, temporäre Sachen. Die Arbeit mit den anderen, den Kameraleuten, den Gestaltern und den Handwerkern, das hat mir schon Spaß gemacht“, erinnert sich der Künstler.

War beim Film die Genauigkeit und die Ausrichtung auf den Inhalt und die Aussage des Film gefragt, so gab es bei den künstlerischen Arbeiten keine Vorgaben. „Das zufällige Auffinden von Zusammenhängen und Beziehungen bei den verwendeten Materialien ist mir wichtig“, stellt Przibilla fest. Ohne sich bewusst darauf zu beziehen, korrespondiert die Arbeitsweise des Künstlers mit der Arte Povera, die in den 70er Jahren in Italien entstand und sich gegen den Glamour in der Kunst wandte. Große Kunst benötigt keinen von außen heran getragenen Glanz, sondern leuchtet von Innen, war das Credo der Künstler. In gleicher Weise geht auch Przibilla vor, wenn er Ruß und Pappgeschirr, Pack- und Butterbrotpapier verwendet. Die materialisierten Substrate aus dem Alltagsleben formieren sich zu geometrischen Assemblagen, in denen jedes Detail wirkt, als sei es nach einem längeren Abwägungsprozess in ein fein austariertes Gleichgewicht gebracht worden.

Das sei ein recht ortsverbundenes Künstlerleben gewesen, sagt der Kurator und Kunstvereinsvorsitzende Andreas Hüneke. Przibilla wurde in Berlin geboren und lebt auch heute dort. Zwischenzeitlich zog es ihn doch hinaus in die Welt.

Zunächst in die skandinavischen Länder und dann auch in die USA. Als Przibilla 1959 zwar die Aufnahmeprüfung an der Hochschule absolviert hatte, dort aber zunächst keine Ausbildung für Grafiker angeboten wurde, fuhr er von 1960 bis 1964 zur See, als „Deckmann“. „Das war eine harte Arbeit, zeichnen konnte man da nicht“, erinnert sich der Künstler. Norwegen, Grönland, das Schelfeis hat er während dieser vier Jahre zur See gesehen. Auf das Studium folgte die Arbeit für das Fernsehen, aber auch die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR. Denn stets schuf Przibilla auch freie künstlerische Arbeiten. Als die Mauer fiel und das Fernsehen der DDR umgestaltet wurde, verabschiedete sich der Künstler aus der zunehmend technisierten Produktion. Aber mit dem Fall der Mauer ergab sich auch die Möglichkeit, in die USA zu reisen. „Ich hatte immer eine Affinität zu Amerika. Die Ostküste, Washington, das hat mich fasziniert. Nirgendwo verfallen die Dinge so schön wie in Amerika“, sagt Przibilla.

Die Eindrücke die er in seinem Leben gesammelt hätte, schlügen sich in seinen Arbeiten nieder. Realistische Abbilder müssen deshalb allerdings nicht entstehen. Es genügt die freie Assoziation.

>>Collagen und Papierreliefs, Ausstellung in der Guten Stube des Potsdamer Kunstvereins, Charlottenstraße 121, zu sehen bis zum 8. April, Sa, So und feiertags 15 bis 18 Uhr, montags 10 bis 14 Uhr

Richard Rabensaat

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