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Die Potsdamer Schauspielerin Nina Gummich.

© Andreas Klaer

Anti-Corona-Satire auf Youtube: „Das ist Kunst“

Verstörende Satire: Unter dem Hashtag #allesdichtmachen protestieren Künstler auf Youtube gegen die Corona-Politik. Auch die Potsdamer Schauspielerinnen Nina Gummich und Nadja Uhl sind dabei. 

Potsdam - Apathie, Trauer, Wut. Die Reaktionen auf den fortdauernden Lockdown für die Kultur haben viele Formen. Seit Kurzem gehört auch die Kategorie verunglückte Satire dazu. Am Donnerstag passierte das neue Infektionsschutzgesetz den Bundesrat: Es sieht eine Schließung aller Kulturorte ab einer Inzidenz von 100 vor, egal ob drinnen oder draußen. Kurz darauf manifestierte sich unter dem Hashtag #allesdichtmachen Protest: 49 einminütige Videos auf Youtube, in denen Künstler:innen die Coronamaßnahmen kritisieren. Satirisch. 

Auch Potsdamerinnen sind dabei, die Schauspielerinnen Nadja Uhl und Nina Gummich. Umsäuselt von Musik, weich ausgeleuchtet, berichtet Uhl von einem neuen Lieblingsmärchen für ihre Kinder: "Des Kaisers neue Kleider", lobt die "Solidarität" der schweigenden Masse. "Das Ende lassen wir weg." Im Märchen zeigt ein Kind am Schluss auf den nackten Kaiser und entlarvt so die anderen als Lügner. Ist das die Rolle, in der sich womöglich die an der Aktion beteiligten Künstler:innen sehen? Was soll hier entlarvt werden?

"Ich habe mich von meiner Meinungsfreiheit befreit"

Nina Gummich steht unter behaglichem Klaviergeklimper am Fenster und sagt in die Kamera: "Ich mache mich stark für die Meinungsfreiheit. Deshalb habe ich mich in den letzten Monaten Stück für Stück von einer eigenen Meinung befreit." Close-up: Eine eigene Meinung sei tatsächlich "krass unsolidarisch", führe zu "immer mehr Infizierten" und verunsichere die Menschen. "Und das muss ja nicht sein." Für alle sei es doch besser, einfach widerzugeben, "was uns von der Bunderegierung aufgetragen wird." Und, leichtes Lächeln, für die Karriere sei das auch besser.

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Corona-Bedingungen schweigend erleiden, um Karriere zu machen: Ist das der Vorwurf an Schauspielkolleg:innen, der dahinter steht? Worauf zielt dieser Satireversuch ab? Regierungsbashing, Witze über Solidarität, verordnetes Schweigegebot: Tendenziell neigen sich die Beiträge bedenklich in Richtung verschwörungtheoretisches Querdenkertum. 

Über die Aktion reden möchte Nina Gummich nicht

Reden möchte Nina Gummich darüber nicht. Die Verabredung in der Gruppe sei, dass man dazu nichts sage, lässt die zeitweise am Hans Otto Theater engagierte Schauspielerin wissen, die kürzlich sehr erfolgreich in der ARD-Serie "Die Charité" zu sehen war. "Das ist Kunst und muss für sich stehen können." 

HOT-Intendantin Bettina Jahnke teilt das Unbehagen mit dem neuen Infektionsschutzgesetz, äußert sich aber empört über die Aktion. Sie zeuge nicht von Ironie, sei nicht einmal mehr Satire, sondern purer Zynismus. "Und letztlich muss man sich immer fragen: Qui bono - wem nützt es?" Eine Frage, der sich auch die beitragenden Künstler:innen stellen müssen. 

Prominenten Protest gab es unterdessen von einem weiteren Potsdamer: „Heute bisschen für Kollegen schämen", kommentierte Christian Ulmen auf Instagram. Und fand ergänzend einen Hashtag, der seitdem auch in den sozialen Netzwerken trendet: #allesschlichtmachen.

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