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Tiefenschichten.

© Andreas Klaer

3D-Ausstellung im Potsdamer sans titre: Unendliche Tiefen

Das Kunsthaus Sans titre zeigt bis zum 22. September dreidimensionale Fotos von Chris Uibel.

Potsdam - Es blubbert auf der Fotoleinwand. Silbern schimmern die Blasen. Ein schwarzer Raum, tief wie das All, öffnet sich. Immer wieder neue schillernde Kugeln tauchen auf, steigen an die Oberfläche und zerplatzen. „Ich lasse die Leute gerne raten. Das ist eine Spülmittelflasche“, sagt Chris Uibel. Im Kunsthaus Sans titre hat er den Ausstellungsraum in mehrere Kammern unterteilt. Diese sind mit schwarzem Moltontuch abgehängt und darin Projektoren aufgebaut, die seine 3-D-Fotos und Filme zeigen. Im Hintergrund läuft Musik, die Uibel selber komponiert hat. Meditative Klänge, die Akzente setzen, nie aufdringlich sind und einen leicht schwebenden Klangteppich in den Räumen des Kunsthauses verbreiten. Die Besucher erhalten eine spezielle 3-D-Brille, um die Fotos in ihrer ganzen Dimension zu erfassen.

Schon früh war Chris Uibel von der Fotografie fasziniert. 1971 in Potsdam geboren, bekam er mit ungefähr 12 Jahren eine Beirette Kamera geschenkt und wollte sofort die Welt im Bild festhalten. „Das war eine Billigkamera, aber ich war begeistert und habe erst einmal drauf los geknipst und mir bald eine Dunkelkammer eingerichtet, in der ich mit Fotos und Papieren herum experimentierte“, sagt Uibel. Es folgte schon zu DDR Zeiten eine Spiegelreflexkamera. Dann aber kam das entscheidende Erlebnis: Ein Bekannter ließ ihn durch einen 3-D-Diakasten blicken. Eine Waldlichtung. So detailliert, dass sie wie real erschien. „Das waren zwei einfache Kuckies. Aber für mich war es etwas Großartiges“, so Uibel. Guckkästen steigerten die Begeisterung. Darin konnten Filmstreifen mit dreidimensionalen Bildern mit Lochstreifen am Rand durchgezogen werden und erzählten dann Geschichten.

Also fing Uibel an, mit stereoskopischer Fotografie zu experimentieren. Dabei werden für das letztlich entstehende Foto mit einem leicht versetzten Blickwinkel zwei Bilder aufgenommen und wieder zusammengesetzt. Durch die entsprechende Brille betrachtet erscheinen die getrennten Farbspektren wieder als ein Bild. Das Hirn setzt die beiden leicht verschobenen Bilder, die der Betrachter vor Augen hat, zu einem Bild zusammen, das einen dreidimensionalen Eindruck vermittelt. Die theoretischen Grundlagen sind seit der Antike bekannt. Praktisch mit dem Aufkommen der Fotografie im 19. Jahrhundert experimentierten Künstler und Fotografen auch mit der dreidimensionalen Fotografie. „Aber heute ist das etwas ganz anderes“, weiß Uibel. Früher wurde die Leinwand präpariert, umständliche Geräteaufbauten waren notwendig, um das 3-D-Bild auch wirklich räumlich erscheinen zu lassen. Entsprechende Fotoapparate wurden zum Teil selber gebaut. „An den Beamer hier habe ich ein kleines selbst programmiertes Gerät angeschlossen. So kann ich die Bilder und Filme im einem fließenden Übergang zeigen“, beschreibt Uibel den platzsparenden Aufbau im Sans Titre.

Der Betrachter wird schnell in den Sog der Fotos und der Musik hineingezogen. Gesichter, Landschaften, Räume tauchen auf, schieben sich übereinander, verschwinden wieder im Vagen. Bei einigen der Personen hat Uibel die Gesichter nur mit einem leicht veränderten Augenstand aufgenommen. Es wirkt, als wende sich der Fotografierte unmittelbar dem Betrachter zu. Winterlandschaften tauchen auf, Halme bewegen sich im Wind, Quallen schwimmen durch tiefe Wasser. Die Schönheit der Welt scheint im ruhigen Fluss der Bilder auf. Die Orte und Personen könnten überall sein. Gelegentlich scheint eine Vorliebe des Fotografen für monochrome Bildkompositionen auf. Aber dann wird diese doch wieder von einer Lost Spaces Bildkomposition unterbrochen. Ein Musik- oder Fotografiestudium hat Uibel nie abgeschlossen. Er unterrichtet in Potsdam Klavier an Schulen und bei Privatschülern. Der Bilderkosmos im Sans Titre zeigt indes über das Lokale hinaus. Die Bilderwelten von Uibel faszinieren in ihrer vielgestaltigen Tiefe und Detailliertheit und suchen nach neuem Raum. >>Bis Sonntag, 22. September,Französische Straße 18

Richard Rabensaat

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