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Erinnerung. Regisseurin Atef hörte als Kind erstmals von Romy Schneider.

© M. Thomas

"3 Tage in Quiberon" im Thalia Potsdam: Aufglühen vor dem Absturz

Regisseurin Emily Atef hat im Thalia-Kino ihren Film „3 Tage in Quiberon“ vorgestellt. Marie Bäumer verkörpert darin Schauspielikone Romy Schneider und bleibt doch sie selbst. Der Film gewinnt dadurch eine emotionale Wucht, die so schnell nicht loslässt.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Dieses Lachen geht unter die Haut. Es ist ein befreiendes Lachen und gleichzeitig ein furchtbar trauriges. Weil es weiß, dass seine Wucht nur von kurzer Dauer ist. Ein Aufglühen vor dem Absturz, eine letzte Auflehnung. Marie Bäumer legt in „3 Tage in Quiberon“ all ihre Kraft in dieses Lachen. Sie spielt Romy Schneider, die nach Jahren des Schweigens der deutschen Presse zum ersten Mal wieder ein Interview gibt. Sie ist in keiner guten Verfassung, versucht eine Entziehungskur in einem Hotel in Quiberon. Mit strenger Diät, ohne Alkohol, ohne Tabletten. Ihrem Sohn zu Liebe tut sie das, wie sie im Film begründet. Sie möchte ihm zeigen, dass er sich auf sie verlassen, sie eine gute Mutter sein kann. Doch wenn er anruft, ist sie nicht in der Lage mit ihm zu sprechen. Von seinem tragischen Tod wenige Monate später weiß in dem Moment nur der Zuschauer, der Film erzählt es nicht.

Überhaupt liefert er kaum Kontext zum Leben von Romy Schneider. Weil die 42-jährige Frau am Ende ihrer Kräfte, um die es hier geht, eben auch irgendjemand sein könnte, wie Regisseurin Emily Atef am Samstagabend im Babelsberger Thalia-Kino sagt. Gemeinsam mit dem Produzenten des Films, Karsten Stöter, und dem Babelsberger Produzenten Peter Hartwig, der den Film als Standfotograf begleitete, hatte sie „3 Tage in Quiberon“ dort vorgestellt. „Ich habe einfach nur eine Frau gesehen, die in der Krise ist und versucht dort herauszukommen“, sagt sie. Genau das habe sie erzählen wollen.

Atef kannte die Sissi-Filme nicht

Atef ist 1973 in Berlin geboren, als sie sieben war, zog die Familie in die USA, sechs Jahre später nach Frankreich. Dort ist sie das erste Mal mit der Schauspielerin in Berührung gekommen: „Meine Zimmergenossin im Internat war ein leidenschaftlicher Romy-Schneider-Fan“, erzählt sie. „Sie hatte überall Poster hängen und jeden Tag sah mich diese Frau an.“

Einen Film über sie zu machen sei ihr allerdings nie in den Sinn gekommen. Auch die Sissi-Filme, die Schneider berühmt machten und gleichzeitig zu ihrem Fluch wurden, hat Atef erst kurz vor der diesjährigen Berlinale gesehen, auf der „3 Tage in Quiberon“ Premiere feierte. Danach habe sie verstanden, warum Romy Schneider in dieser Rolle so sehr geliebt wurde: „Sie ist so unglaublich authentisch, jede Emotion nimmt man ihr ab“, sagt sie. Warum allerdings ihre späteren Rollen in Deutschland nie anerkannt worden sind, kann sie nicht nachvollziehen. „Sie ist ja nur immer besser geworden.“

Bäumer imitiert Schneider nicht

Trotzdem: Ein Biopic sei für sie nie infrage gekommen. „Ein ganzes Leben in zwei Stunden zu quetschen ist schier nicht möglich.“ Es war schließlich der inzwischen verstorbene französische Produzent Denis Poncet, der mit der Idee auf sie zukam, das Interview in Quiberon als Ansatzpunkt für eine Geschichte zu nehmen. Er war es auch, der Marie Bäumer für die Rolle überzeugte. Immer wieder wurde der deutschen Schauspielerin aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Romy Schneider angeboten, sie zu spielen – Bäumer lehnte jedes Mal ab. Auch bei diesem Projekt habe sie große Angst davor gehabt, der Ikone Schneider nicht gerecht zu werden, wie Atef erzählt. „Ich habe ihr erklärt, dass sie nicht Romy sein muss und nur Nuancen von ihr übernehmen kann“, sagt sie. Etwa den Tunnelblick, den leicht österreichischen Dialekt oder die Art zu rauchen. Dadurch verliert sich der Film nie in alberner Imitation, sondern gewinnt durch die emotionale Stärke Bäumers.

Insgesamt hat Atef einiges im Film fiktionalisiert, das eintägige Interview mit „Stern“-Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) etwa auf zwei Tage ausgedehnt, um zu zeigen, wie ambivalent Schneiders Zustand damals war. So geht es ihr am ersten Tag gut, sie ist stark. Als die provokanten Fragen von Jürgs zu weit gehen, bricht sie das Interview von sich aus ab. Am zweiten Tag wälzt sie sich zunächst lachend am Boden, im nächsten Moment weint sie bereits. Orientiert hat sich Atef bei diesen Szenen an den Fotos von Robert Lebeck (Charly Hübner), die sie alle lange studiert hat. „Deswegen ist der Film auch schwarz-weiß geworden, ich konnte die Szenen einfach nicht in Farbe denken“, erklärt die Regisseurin, die auch das Drehbuch geschrieben hat. Mit Lebeck als auch mit Jürgs hat sie viel gesprochen. Letzterer kommentierte das Drehbuch mit den Worten: „Ich bin ja ein Satan von Anfang bis Ende.“ Trotzdem stimmte er dem Film zu – weil Atef ihn überzeugte, dass dieser einen Antagonisten bräuchte und sein Charakter die größte Entwicklung durchmache.

Berührende Emotionalität

Denn am Ende verfällt auch er dem Charme von Romy Schneider, den Marie Bäumer so natürlich auf die Leinwand bringt. Selbst Emily Atef war im Schneideraum erstaunt, wie ähnlich Marie Bäumer der Schauspielerin in manchen Einstellungen ist. Berührend ist sie so oder so in diesem wuchtigen Film. Egal ob lachend oder weinend.

„3 Tage in Quiberon“, täglich im Thalia-Kino

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