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Jugend und Medien: Unerwünschte K(l)ettenbriefe

Sie sind lästig, verbreiten Unwissen und Angst. Kettenbriefe verbreiten sich innerhalb kürzester Zeit rasant. Die Konzerne steuern dagegen

Wie aus dem Nichts geistern sie eine zeitlang durch die sozialen Netzwerke, um nach einiger Zeit genauso schnell wieder zu verschwinden. Dabei sind Kettenbriefe kein neuzeitliches Phänomen. Vor den Zeiten des Internets noch mühevoll mit Hand geschrieben und in den nächsten Briefkasten geworfen, war der Aufwand damals aber relativ groß. Das Versprechen, viele Antworten zu erhalten, blieb jedoch meist unerfüllt. Im Zeitalter der digitalen Medien stieg mit der Zahl der Kontakte auch die Reichweite dieser Nachrichten.

Dabei sind die Gründe, Kettenbriefe zu verfassen genauso vielfältig wie deren Inhalte. Manchmal wird auf ein aktuelles Thema Bezug genommen, um möglichst viele Menschen zu erreichen und zu einer Aktion aufzurufen. Ein Beispiel hierfür ist der Kettenbrief, der mit dem Hashtag #saveyourinternet versehen gegen Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform aufrufen will. Der Text ist mit Halbwahrheiten und Übertreibungen gespickt und droht damit, dass große soziale Netzwerke wie YouTube, Instagram und Facebook gesperrt werden, falls der Text nicht entsprechend oft geteilt wird.

Wirklich problematisch wird es, sobald der Inhalt der Kettenbriefe mit Drohungen oder Links zu unseriösen Websites verknüpft ist. Gerade unter Kindern und Jugendlichen kann Unsicherheit über den Wahrheitsgehalt solcher Texte herrschen. Gruselgestalten wie die auf einer japanischen Kunstfigur beruhende „Momo“ drohen damit, den Empfänger heimzusuchen und ihm etwas anzutun, sollte dieser nicht den gestellten Forderungen nachkommen. Aus Angst vor den Konsequenzen, oder auch aus Gruppenzwang, werden Kettenbriefe an Freunde und Bekannte weitergeschickt. Dann ist es Aufgabe der Eltern, über die Gefahren aufzuklären und gegebenenfalls die Nachrichten zu löschen.

Da Kettenbriefe nach einer Art Schneeballsystem funktionieren, verbreiten sich die Nachrichten innerhalb kürzester Zeit so weit, dass die Ursprünge kaum nachvollziehbar sind. Gerade wenn die Texte nicht auf öffentlichen Seiten geteilt werden, ist es so gut wie unmöglich, das Original ausfindig zu machen. Auch nach Jahren sind die Texte noch auf vielen Geräten erhalten und tauchen nach einiger Zeit häufig in leicht abgewandelter Form wieder auf. So kann es passieren, dass aus einem einfachen Kettenbrief eine Art „Klettenbrief“ wird, dessen Verbreitung kaum verhindert werden kann.

Die Netzbetreiber sind sich der Problematik bewusst und versuchen durch Updates die Verbreitung von Kettenbriefen zu reduzieren. Der WhatsApp Messenger-Dienst hat hierfür die Funktion eingeschränkt, Texte gleichzeitig an eine beliebige Anzahl von Kontakten zu verschicken. Seit den Änderungen werden weitergeleitete Nachrichten als solche gekennzeichnet und können höchstens an fünf Personen gleichzeitig geschickt werden. Inwieweit diese Funktionen helfen, Kettenbriefe zu unterbinden, bleibt abzuwarten. Gerade deshalb ist es wichtig, Kinder schon früh zu einem reflektierten Umgang mit Kettenbriefen anzuregen und über die Gefahren zu informieren.

Nora Simonn

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