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Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).

© dpa

Zwischen Heimarbeit und Homeschooling: Studie zur Pandemie-Belastung märkischer Familien

Die größten Belastungen wurden in den Bereichen Berufstätigkeit, Kinderbetreuung und Homeschooling wahrgenommen - die Zahl der Konflikte innerhalb der Familien nahm zu.

Potsdam - Das Kind in Quarantäne, der Chef ruft zur Videokonferenz und der Haushalt muss auch noch gemacht werden. Wie groß der Stress für Familie in der Corona-Pandemie ist, zeigen nun erste Ergebnisse einer Studie der Fachhochschule (FH) Potsdam. Im August und September 2021 wurden Brandenburger Eltern zu ihrer Situation befragt. Die größten Belastungen nahmen die 1608 Teilnehmer demnach in den Bereichen Berufstätigkeit, Kinderbetreuung und Homeschooling wahr.

Knapp die Hälfte der Befragten fühlte sich psychisch enorm belastet oder war erkrankt, es kam zu einem spürbaren Zuwachs an Konflikten innerhalb der Familie und der Paarbeziehung. Fast alle Eltern einte die Sorge um die seelische Gesundheit ihrer Kinder sowie um deren weitere Bildungschancen, die sie im Zuge von Homeschooling und mangelnder Unterstützung durch die Schulen gefährdet sahen. Deutlichen Verbesserungsbedarf sehen fast alle Familien deshalb bei der Organisation von Schule und außerschulischen Bildungsangeboten, sowie auf Seiten der Arbeitgebenden, von denen sie sich mehr Verständnis und Unterstützung wünschen, aber auch beim Ausbau digitaler Informationsmöglichkeiten und dem Abbau bürokratischer Hürden hinsichtlich der in Inanspruchnahme staatlicher Hilfen.

Hohe Belastungen für Eltern und Kinder

„Mit der Umfrage haben wir eine solide coronabezogene Datengrundlage für den wichtigen Diskurs zur aktuellen Lage der Familien. Die Belastungen für Eltern und Kinder waren insbesondere in den Zeiten der Lockdowns sehr hoch. Die Folgen der pandemiebedingten Einschränkungen fordern uns auch jetzt noch heraus“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Montag in Potsdam beim Fachtag der Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände (LAGF), die die Studie „Meine Familie, Corona und Ich“ in Auftrag gegeben hatte. Finanziert wird die Umfrage mit Lottomittel in Höhe von 10 000 Euro durch das Gesundheits- und Sozialministerium.

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Etwa die Hälfte der Befragten nahm durchaus auch positive Effekte auf das Familienleben wahr. Denn bei aller Herausforderung erfuhr zumindest etwa ein Viertel der Teilnehmenden einen Zuwachs an Verbundenheit miteinander, heißt es von der FH. Insbesondere das Festhalten an der Kernfamilie als sichere Basis, aber auch der Kontakt und die Unterstützung durch und für die eigenen Eltern, Verwandte sowie nahestehende Personen im sozialen Umfeld half fast allen Familien, krisenhafte Momente zu bewältigen.

Blick auf die einkommensschwachen Familien lenken

„Mehr denn je ist es wichtig, den Blick auf die einkommensschwachen Familien zu lenken“, so Nonnemacher. „Wir wissen, dass es gerade für Familien mit kleinem Geldbeutel schwieriger ist, gute Gesundheits- und Bildungsbedingungen für ihre Kinder sicherzustellen, egal ob auf dem Land oder in den Ballungsräumen.“ Wichtig seien dabei etwa die Brandenburger Familienzentren, die niedrigschwellige Hilfen anböten.

„Die Leistungen der Eltern während der Pandemie müssen anerkannt werden“, sagte der Vorsitzende der LAGF, Matthias Milke. Für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit von Eltern sei es wichtig, auch an die Selbstsorge zu denken. „Denn je besser Eltern durch die Krise kommen, desto besser können sie ihren Kindern dabei helfen, selbst stark zu werden.“

„Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es insbesondere die Kompetenzen der Familien selbst waren, die in der herausfordernden Situation der Pandemie zur unverzichtbaren Ressource wurden“, sagt Alexandra Schmidt-Wenzel, Projektleiterin und Leiterin des Masterstudiengangs Soziale Arbeit/Schwerpunkt Familie. Dieser Umstand dürfe aber keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor ein großer Handlungsbedarf bestehe, so die FH-Professorin. So fühle sich die Mehrheit der Eltern nicht hinreichend gehört und gesehen und beklage das Fehlen bedarfsgerechter Unterstützung, unter anderem bei der Kinderbetreuung und der Absicherung eines finanziellen Mehrbedarfs während der entstandenen Ausnahmesituation.

„Wir müssen die Familien weiterhin im Blick behalten und sie noch stärker zu Wort kommen lassen“, sagt die familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag, Kristy Augustin. Aufgabe der Politik sei es jetzt, Beratungs- und Unterstützungsleistungen noch besser publik zu machen und den Zugang dazu so einfach wie möglich zu gestalten. 

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