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Schulpause in Frankfurt (Oder): Masken und Arbeitsmaterialien eines Grundschülers.

© Patrick Pleul/dpa

Woidke-Regierung bereitet Corona-Einschränkungen vor: Und wie schützt Brandenburg die ungeimpften Kinder an Kitas und Grundschulen?

Die Intensivbetten sind knapp, Brandenburg steht vor neuen Corona-Einschränkungen. In der Landespolitik regt sich jetzt Widerstand gegen bisherigen Kurs bei Schülern und Kitakindern.

Potsdam - Brandenburg steht nach Sachsen und Bayern vor neuen Corona-Einschränkungen, da es immer weniger freie Betten auf Intensivstationen gibt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kündigte am Wochenende noch ohne konkrete Details „notwendige Entscheidungen zum Schutz von Leib und Leben an“. Nach PNN-Recherchen wächst im Vorfeld in der Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen der Druck für einen stärkeren Schutz der Kinder in Kitas und Grundschulen, die bislang nicht geimpft werden können. Von der Landesregierung mit Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) gab es bisher keine Aussagen, wie es angesichts täglich neuer Fälle und exorbitant steigender Infektionen bei Kindern und Jugendlichen an Schulen und Kitas weiter gehen soll.

Im Landtag gibt es auch innerhalb der Kenia-Koalition mit einer knappen Parlamentsmehrheit bei SPD, CDU und Grünen Stimmen, die die bisherigen Maßnahmen für Schulen und Kitas nicht für ausreichend halten, nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz bei ungeimpften Sieben- bis Neunjährigen vergangene Woche auf 1388 und bei 10- bis 14-jährigen auf 1500 gestiegen war – das Dreifache des schon hohen Landesschnitts der Bevölkerung. Beim Wert  165 waren letztes Jahr die Schulen dicht. 

Grüne für Aufhebung der Präsenzpflicht

Grünen-Gesundheitspolitikerin Carla Kniestedt forderte am Sonntag gegenüber den PNN angesichts dieser Entwicklung die sofortige Aufhebung der Präsenzpflicht an Brandenburgs Schulen. „Eltern müssen die Möglichkeit haben, ihr Kind aus dem Unterricht zu nehmen, wenn ein Corona-Fall in der Klasse auftritt.“ Das sei „das Mindeste“. Es könne nicht sein, dass Eltern, die diese Möglichkeit haben – auch zum Wohle der Allgemeinheit – eine Ordnungswidrigkeit riskierten. Wichtig wären auch tägliche Corona-Tests, „und zwar in den Schulen“. 

Wie berichtet sollen in Brandenburg bei immer mehr Fällen in Schulen und Kitas neuerdings wegen der Überlastung der Gesundheitsämter nur noch die infizierten Kinder selbst in Quarantäne geschickt werden, ihre Banknachbarn und Kontakte in der Schule nicht mehr ermittelt werden  Am heutigen Montag will Woidke mit Landräten und Oberbürgermeistern über das weitere Corona-Vorgehen beraten. 

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„Der bisherige Schutz der Kinder reicht nicht,“ sagte der Gesundheitsdezernent des Kreises Uckermark, der frühere CDU-Landtagsabgeordnete Henryk Wichmann, am Sonntag den PNN. "Es wäre unverantwortlich, nicht darauf zu reagieren." Er verwies darauf, dass an Grundschulen, trotz der zu spät wieder eingeführten Maskenpflicht, im Regelfall etwa 30 ungeimpfte Kinder ohne Abstände in einem Raum sind. Auch er fordert tägliche Tests an allen Schulen, ein Aufheben der Präsenzpflicht und vorbeugend ein Wechselmodell für Grundschulen, die noch keine Ausbrüche hatten. Für Grundschulen, an denen es bereits Fälle gibt, fordert Wichmann ein befristetes Homeschooling, und für die Kitas wie im Vorjahr eine Empfehlung des Bildungsministerium, dass Familien ihre Kinder, wenn möglich, zu Hause betreuen sollten. 

Immer mehr Krankenhäuser in Brandenburg überlastet 

Unterdessen sind in Brandenburg die Krankenhäuser immer stärker belastet. Patienten seien von kleineren zu größeren Krankenhäusern verlegt worden, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums mit. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreichte am Sonntag in Brandenburg mit 559,5 neuen Corona-Infektionen je 100 000 Einwohner einen weiteren Höchstwert. Damit hat das Land dem Robert Koch-Institut zufolge den vierthöchsten Wert hinter Sachsen, Bayern und Thüringen. Zwei Landkreise haben eine Inzidenz von mehr als 1000. Der Wert stieg in Elbe-Elster auf knapp 1301 und im Kreis Oberspreewald-Lausitz auf 1128, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.

Die Mehrheit der Deutschen befürwortet eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19. In einer von der „Bild“-Zeitung in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des Instituts Insa sprachen sich 52 Prozent dafür aus. Auch aus der Politik werden Rufe nach einer Pflicht zur Immunisierung lauter. „Jetzt ist ein Punkt gekommen, an dem wir ganz klar sagen müssen: Wir brauchen eine De-facto-Impfpflicht und einen Lockdown für Ungeimpfte“, schrieb der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) zeigt sich offen dafür. Er hoffe zwar noch, „dass es am Ende ohne allgemeine Impfpflicht geht. Wenn nicht, bin ich allerdings auch bereit, diesen Schritt zu gehen“, sagte er der „Welt“.

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