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Wachdienst in der Kritik: Cottbus: Drei Flüchtlinge von Gruppe attackiert

Eine zehnköpfige Gruppe soll am Neujahrsmorgen in Cottbus auf drei Flüchtlinge losgegangen sein. Die Stadt prüft, ob private Wachschützer den Opfern in der Asylunterkunft ausreichend geholfen haben.

Cottbus - Erneut ist es im Süden Brandenburgs zu einer offenbar fremdenfeindlich motivierten Attacke auf Asylsuchende gekommen. Am Neujahrsmorgen habe eine zehnköpfige Gruppe drei Flüchtlinge aus Afghanistan schwer verletzt, die sich auf dem Heimweg zu ihrer Unterkunft im Cottbuser Ortsteil Sachsendorf befanden, wie die Initiative „Cottbus schaut hin“ mitteilt. Zehn junge Deutsche hätten die Afghanen als „Scheiß Ausländer“ beschimpft, sie anschließend verfolgt und bereits auf dem Weg zu ihren Wohnungen mit Schlagringen und Bierflaschen malträtiert. Den größten Schock hätten die Opfer aber erlebt, als sie in ihrer Unterkunft angekommen seien: Zwei Wachschützer hätten ihnen nicht geholfen. Die Iniitiave, die im Internet Nachforschungen zu dem Sicherheitsunternehmen angestellt hat, fragt nun: „Ist der Sicherheitsdienst von Rechtsextremen unterwandert?“ Es sei völlig indiskutabel, dass das Unternehmen - die Firma Distelkam aus Chemnitz, die dort auch das Landgericht bewacht - weiter Aufträge von der Stadt erhalte, so die Sprecherin der Initiative, Maria Koch.

Polizei kann bislang kein Fehlverhalten bei den Wachmännern erkennen

Die Polizei in Cottbus bestätigt auf PNN-Anfrage zwar den Vorfall am Neujahrsmorgen, kann aber zum derzeitigen Zeitpunkt kein Fehlverhalten der beiden Wachmänner erkennen. Auch über eine rechtsextremistische Gesinnung der Security-Leute sei nichts bekannt. Die Namen der beiden seien überprüft worden, so Polizeisprecherin Ines Filohn. „Sie spielen keine Rolle in der rechten Szene in Cottbus.“ Vielmehr sei die Polizei vom Wachdienst alarmiert worden und umgehend zu dem Heim gefahren. Aus Sicht der Wachschützer, die als Zeugen vernommen wurden, habe sich der Vorfall wie folgt abgespielt: Am Hauseingang sei geklingelt worden, worauf der Wachdienst den Türöffner betätigt habe. Als niemand ins Haus gekommen sei, hätten die Wachschützer nachgeschaut und die Tür von Hand geöffnet, worauf die drei Flüchtlinge ins Heim gelangt seien - und mit ihnen vier Männer und zwei Frauen. „Als es den Wachmännern nicht gelungen ist, die Auseinandersetzung zu schlichten und die beiden Gruppen zu trennen, haben sie die Polizei alarmiert“, so Ines Filohn. Der Staatsschutz habe von Amts wegen die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung gegen insgesamt sechs Personen übernommen, weil ein rechtsextremer Hintergrund der Tat nicht ausgeschlossen werden könne. Gegen die Wachschützer werde nicht ermittelt.

Dafür prüft die Stadt Cottbus verwaltungsintern, „ob das Wachschutz-Unternehmen seinen vertraglichen Pflichten nachgekommen ist“, wie Stadtsprecher Jan Gloßmann auf PNN-Anfrage mitteilt. Der Wachschutz habe unter anderem die Aufgabe dafür zu sorgen, dass nur Befugte bestimmte Bereiche der Unterkunft betreten. Bei dieser handle es sich um einen Wohnungsverbund, in dem in insgesamt drei Aufgängen sowohl Flüchtlinge (derzeit 62) als auch deutsche Mieter leben. Betreiber des Wohnverbundes ist seit 1. Januar das Diakonische Werk Elbe-Elster.

Prüfung des Wachdienstes obliegt den zuständigen Behörden in Chemnitz

„Die Stadtverwaltung und namens der Oberbürgermeister Holger Kelch verurteilen jede Form von Gewalt. Wir bedauern die Verletzungen der Opfer. Die Stadtverwaltung unterstützt die Polizei bei deren Ermittlungen“, so Gloßmann. Auseinandersetzungen zwischen Gruppen unterschiedlicher Herkunft gebe es in Cottbus bedauerlicherweise immer wieder. Die Sicherheitsfirma sei Vertragspartner der Stadt Cottbus, nachdem sie bei einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe. Die Prüfung der Firma obliege den zuständigen Behörden am Hauptsitz der Firma, der in diesem Fall nicht Cottbus sei. „Diese Überprüfung ist nach unserem derzeitigen Kenntnisstand erfolgt“, so Gloßmann. Die Stadtverwaltung werde die zuständige Behörde nach dem Vorfall aber nochmals kontaktieren um zu klärne, ob es dort neue Erkenntnisse gebe. Nach Angaben der Anti-Rechtsextremismus-Initiative „Cottbus schaut hin“ finden sich unter dem Facebook-Auftritt des Sicherheitsfirmenchefs mehrere „Gefällt-mir“-Angaben für einschlägige Seiten, die auf rechtspopulistische bis rechtsextreme Gesinnung schließen ließen, darunter die Seite des rechtsextremen Liedermachers Frank Rennicke.

Die beiden Wachmänner seien bis auf Weiteres versetzt worden – „zum eigenen Schutz vor Übergriffen der Täter“, wie Firmenchef Kai Distelkam den PNN am Montag mitteilte. Am 4. Januar sei zudem ein Objektkontrolleur zu dem Wohnverbund geschickt worden, um die Hintergründe zu ermitteln. Die „teils massiven Unterstellungen“ durch die Cottbuser Initiative weise er zurück. Mitarbeiter würden grundsätzlich durch die zuständigen Behörden überprüft und freigegeben. Zusätzlich würden die Mitarbeiter von den Auftraggebern überprüft. „Sollten wir bei Mitarbeitern feststellen, dass diese eine radikale Einstellung haben, trennen wir uns von diesen“, versichert Distelkam. „Natürlich können wir nicht bei jedem Menschen in den Kopf schauen, was dieser denkt“, so der Firmenchef weiter. Diskriminierung lehne die Dienstleitungsgruppe, die auch Mitarbeiter mit Migrationshintergrund beschäftigte, kategorisch ab.

In Potsdam war wie berichtet kürzlich ein bekannter Neonazi vom Dienst suspendiert worden, der für die Bewachung der Flüchtlingsunterkunft im Staudenhof zuständig war.

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