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Péter Vida, Vorsitzender der Freien Wähler, hat die Unterschriften gegen die Straßenausbaubeiträge am Dienstag vor dem Landtag übergeben.

© Bernd Settnik/dpa

Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge: Rot-Rot schwenkt um

Die Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge macht Druck und übergibt 108.333 Unterschriften an Brandenburgs Landtagspräsidentin. Die SPD spricht sich nun doch für eine Abschaffung der Beiträge aus.

Potsdam - Die Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge hat am Dienstag 108 333 Unterschriften an Landtagspräsidentin Britta Stark übergeben. Sie seien innerhalb von nur zehn Wochen in allen Teilen des Landes gesammelt worden, sagte der Landtagsabgeordnete Péter Vida (BVB/Freie Wähler). Damit seien mehr als fünfmal so viele Unterschriften erreicht worden wie für eine erfolgreiche Volksinitiative nötig. Die regierende SPD und die oppositionelle CDU sprachen sich anschließend für die Abschaffung der Anliegerbeiträge aus.

Nun muss sich der Landtag damit beschäftigen

Die Listen müssen nun vom Landeswahlleiter überprüft werden, dann hat sich der Landtag innerhalb von vier Monaten mit der Forderung zu befassen. Wenn das Parlament die Abschaffung der Beiträge ablehnt, kann als nächste Stufe ein Volksbegehren gestartet werden, für das noch einmal 80 000 Bürger auf dem Amt unterschreiben müssten.

Einwände, dass dies ungerecht sei gegenüber Bürgern, die bereits Beiträge zahlen mussten, ließ Vida nicht gelten. „Es wird kein neues Unrecht geschaffen, sondern bestehendes Unrecht beendet“, sagte er. Öffentlich genutzte Straßen müssten auch aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Das Land müsse den Gemeinden künftig die Kosten erstatten. Das Innenministerium schätzt diese auf 25 Millionen Euro jährlich. „Das ist keine Frage der Machbarkeit, sondern einzig und allein eine Frage des politischen Willens“, meinte Vida.

Rot-Rot lehnte Abschaffung der Beiträge bislang ab

Die rot-roten Regierungsfraktionen hatten Anträge zur Abschaffung der Beiträge im Parlament bislang abgelehnt. Dies habe aber nur daran gelegen, dass noch kein neues Finanzierungskonzept vorgelegt worden sei, sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Dies werde zurzeit erarbeitet. „Wir wollen bis Mitte Februar eine Grundsatzentscheidung zur Abschaffung der Beiträge treffen“, versprach Bischoff. Dann könne man auch den hohen Verwaltungsaufwand bei der Erhebung der Beiträge einsparen.

Auch Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers sagte zu, dass die Fragen um das Anliegen der Volksinitiative bald geklärt würden. „Mit der Zahl der Unterschriften ist deutlich geworden, dass die Sachverhalte bald gelöst werden müssen, damit sie nicht etwa von der AfD politisch instrumentalisiert werden können“, betonte er. Als ersten Schritt müssten gute Härtefallregelungen gefunden werden. „Kein Bürger soll Sorge haben, dass er wegen der Beiträge Haus und Hof verlieren könnte.“ Anschließend müsse erst ein tragfähiges Konzept für die künftige Finanzierung des Straßenbaus erarbeitet werden.

250 Verfahren allein beim Verwaltungsgericht Cottbus

Auch die oppositionelle CDU will sich dafür einsetzen, dass die Beitragspflicht der Bürger rückwirkend zum 1. Januar 2019 abgeschafft werde. Bis zu 80 Prozent der Einnahmen gingen allein für die Erhebung der Beiträge und die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten drauf, sagte Fraktionschef Ingo Senftleben. Allein am Verwaltungsgericht Cottbus seien 250 Verfahren anhängig. Außerdem sei der Straßenausbau in vielen Landkreisen wegen der hohen Kosten für die Bürger gar nicht mehr angefasst worden und damit praktisch zum Erliegen gekommen.

Die oppositionellen Grünen zeigten sich skeptisch. Es sei unsicher, ob mit einer Abschaffung der Beiträge ein sozialer Friede zu erreichen sei. „Viele derjenigen, die zahlen mussten, werden sicher wütend sein, wenn andere dann nicht mehr zahlen müssen“, hieß es. Außerdem seien Rückzahlungsforderungen zu erwarten, sagte Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. Fraktionschef Axel Vogel verwies darauf, dass zunächst geprüft werden müsse, ob die Volksinitiative überhaupt zulässig sei. „Es kann sein, dass sie rechtlich nicht zulässig ist, weil sie zu sehr in das Budgetrecht des Landtags eingreift.“

Der Städte- und Gemeindebund kritisierte, dass mit den in den Verhandlungen genannten Erstattungen in Höhe von 25 bis 40 Millionen Euro nur ein Prozent bis 1,5 Prozent der notwendigen Investitionen in kommunale Straßen finanziert seien. Das Deutsche Institut für Urbanistik habe einen Gesamt-Investitionsbedarf in Höhe von 2,77 Milliarden Euro errechnet. Allein der Aufwand zur Unterhaltung der Straßen betrage rund 310 Millionen Euro. (dpa)

Klaus Peters

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