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NPD-Demo am 1. Mai in Thüringen - die Neonazi-Szene wächst wieder.

© Sebastian Kahnert/dpa

Verfassungsschutzbericht Brandenburg: Neonazi-Szene wächst und ist gewaltbereiter

Die Neonazi-Szene in Brandenburg wächst erstmals seit Jahren wieder. Das sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2014.

Potsdam - Die Neonazi-Szene in Brandenburg wächst erstmals seit Jahren wieder. Das sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2014. Insgesamt zählte der Verfassungsschutz 1160 Rechtsextremisten in Brandenburg. Die bislang höchste Zahl Rechtsextremer wurde in Brandenburg 1999 mit 1 665 Personen verzeichnet, die niedrigste Zahl 2013 mit 1 125 Personen.

Während die NPD bei der Zahl der Mitglieder mit 290 stagniert, registrierte der Verfassungsschutz mehr Neonationalsozialisten (450) und gewaltbereite Rechtsextremisten (420). Daneben ist auch die Zahl rechtsextremer Gruppen um 13 auf 21 gestiegen. Grund dafür ist – wie berichtet – ein neues Phänomen, das den Behörden zunehmend Sorgen bereitet: Neonazis organisieren sich neuerdings in Bruderschaften, die dem Auftreten und den Ritualen von Rockerklubs gleichen, inklusive Kleidung, Emblemen und hierarchischen Strukturen. Zu den Festnahmen mehrerer Rechtsextremer in verschiedenen Bundesländern am Mittwochmorgen wegen Verdachts auf Terrorismus sagte Verfassungsschutzchef Carlo Weber, in Brandenburg gebe es derzeit keine handfesten Erkenntnisse über vergleichbare Entwicklungen. Ideologisch seien viele Rechtsextreme jedoch „höchstradikalisiert“. Es gebe dabei auch in Brandenburg einige Neonazis, die die Sicherheitsbehörden besonders im Blick haben müssten, darunter Maik Eminger. Er ist der Bruder des im NSU-Prozess angeklagten André Eminger und in Brandenburg einer führenden Neonazis. Derzeit baut er die Partei „Der III. Weg“ aus, die sich selbst als ideologisch gefestigte Elite in der rechten Szenen sieht.

Szene werde durch Musikveranstaltungen zusammengehalten

Mit Eminger hängt auch eine andere Entwicklung zusammen: Der Schwerpunkt rechter Aktionen verlagerte vom Süden Brandenburgs, wo die 2012 verbotene „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ aktiv war, in den Nordwesten des Landes, konkret Havelland, Potsdam-Mittelmark, Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin, und in den Raum Frankfurt (Oder). Dort radikalisieren sich die NPD und der Parteinachwuchs der „Jungen Nationaldemokraten“ immer mehr und arbeiten mit sogenannten Freien Kräften und Neonazis zusammen. Seit Monaten überziehen sie, unter dem Deckmantel eines Ablegers der anti-islamischen Pegida-Bewegung, Brandenburg mit Aufzügen gegen Flüchtlinge und Asylbewerber. Wie Brandenburgs Verfassungsschutzchef Carlo Weber sagte, treffen die Neonazis damit aber kaum auf Resonanz bei den Bürgern. „In Brandenburg ist 'Pegida' ein Rohrkrepierer“, sagte Weber. Dass die märkische Neonazi-Szene die steigenden Flüchtlingszahlen bisher nicht für eine größere Mobilisierung ausnutzen konnte, sei dem vielfältigen Engagement gegen Rechtsextremismus und dem Konzept „Tolerantes Brandenburg“ zu verdanken, betonte Weber: „Die zivilgesellschaftlichen Anstrengungen im Land haben gefruchtet.“

Die Neonazi-Szene werde durch Musikveranstaltungen zusammengehalten, sagte Weber. 2014 habe es in Brandenburg 23 rechtsextreme Bands gegeben, eine weniger als 2013. Das Konzertgeschehen sei weitgehend zum Erliegen gekommen, sagte Weber: „Sie ziehen es vor, auf Hasskonzerten außerhalb des Landes aufzutreten.“ Mehrere Konzerte in Brandenburg seien von den Behörden unterbunden worden. Inzwischen setze die rechtsextreme Szene stärker auf Liedermacher und kleinere Veranstaltungen.

Zahl der Linksextremen kaum gestiegen

Die linksextreme Szene, insbesondere die Zahl gewaltbereiter Autonomer, ist im Gegensatz zu den Neonazis kaum gewachsen. Die alternde „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP) zerfällt zusehends. Die „Rote Hilfe“ hingegen, die laut Schröter die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht akzeptiert, wuchs. Die Zahl der islamistischen Extremisten, die vor allem im Berliner Umland leben, wuchs um 10 auf 40. Drei Islamisten aus Brandenburg reisten im Jahr 2014 in die Bürgerkriegsregionen in Syrien und Irak. Feste islamistische Strukturen seien in Brandenburg jedoch nicht festzustellen, Anlaufpunkt sei vor allem Berlin.

Lesen Sie weiter: Innenminister Schröter im PNN-Interview über Asylbewerber, Pegida und Vorwürfe gegen die Landespolizei >>

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