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Umweltressort boykottiert Anhörung: Tagebaupläne: Zoff in der Regierung

Innerhalb der brandenburgischen Landesregierung ist der Streit um die strategische Ausrichtung der Energie- und Klimaschutzpolitik und um die Frage, ob neue Braunkohletagebaue überhaupt nötig sind, erneut eskaliert.

Cottbus/Potsdam - Das von Anita Tack (Linke) geführte Umweltministerium boykottiert deshalb die seit Dienstag laufende Anhörung zum Braunkohleplan für den Tagebau Welzow Süd II und hat erst gar keine Vertreter in die Cottbuser Messehallen entsandt.

Nach PNN-Informationen musste Tack im Vorfeld auf Druck des SPD-geführten Infrastrukturministeriums und des Linke-geführten Wirtschaftsressorts sogar eine kritische Stellungnahme zu den Tagebauplänen des Energiekonzerns Vattenfalls zurückziehen und durch eine entschärfte Version ersetzen. Vertreter von Umweltverbänden sagten am Mittwoch, bei der Anhörung in Cottbus verstärke sich der Eindruck, dass die Landesregierung und die Behörden die Tagebaupläne mit aller Macht durchsetzen wollen.

In der Stellungnahme vom September hatte das Umweltministerium die Tagebaupläne grundsätzlich infrage gestellt. Es gebe keine energiepolitische Notwendigkeit für den Tagebau, zudem würden die Klimaschutzziele des Landes gefährdet. Zudem rügte das Umweltressort die Strategische Umweltprüfung durch die dem Infrastrukturministerium unterstellte Raumordnungsbehörde. Darin seien keine Alternativen zur Verstromung der Braunkohle aus der neuen Grube untersucht worden. Zudem habe die Umweltprüfung beim Naturschutz einen methodisch falschen Ansatz und lege eine „falsche Grundlage für die gesamte Prüfung“.

Doch Infrastrukturstaatssekretärin Kathrin Schneider forderte am 18. November ihre Amtskollegin für Umwelt, Almuth Hartwig Tiedt, in einem zehnseitigen, den PNN vorliegenden Schreiben samt Anhang auf, „von der apodiktischen Infragestellung der energiepolitischen Notwendigkeit Ihrer Stellungnahme abzurücken“. Zudem die Bitte um eine „konstruktuive Mitwirkung“ bei der Erörtung in Cottbus. Die verweigerte Umweltministerin Tack jetzt. Und von der überaus kritischen Stellungnahme blieb neben einzelnen Details zu Natur- und Wasserschutz die Aussage übrig, dass die Klimaschutzziele gefährdet werden „könnten“.

Das Infrastrukturministerium hatte sich bei seinem Veto gegen das Umweltressort auf ein Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsressorts berufen, das die energiepolitische Notwendigkeit für den neuen Tagebau belegen sollte. An dieser Frage, die entscheidend für den Grundrechtseingriff einer Umsiedlung ist, war bereits die erste Fassung des Braunkohleplans für Welzow Süd II im Herbst 2012 gescheitert. Nach Ansicht von Umweltverbänden ist das Gutachten nun bei der Anhörung komplett durchgefallen. Vertreter von Lausitzer Kommunen, der Umweltorganisationen Greenpeace, BUND, Klima-Allianz und Grüne Liga sowie des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) bezeichneten die Aussagen als nicht schlüssig. Es habe der Beweis gefehlt, dass Umsiedlungen von 810 Menschen für den neuen Tagebau notwendig wären. Der eigentlich nur für Dienstagabend vorgesehene Tagesordnungspunkt nahm auch den gesamten Mittwoch ein. Georg Erdmann erklärte, dass sein Gutachten ein Szenario sei, das man im Grunde auch „anders machen könne“. René Schuster von der Grünen Liga, der Mitglied im Braunkohleausschuss ist, sagte: „Es ist einfach absurd: Die Energiestrategie des Landes begründet Braunkohletagebaue damit, dass Stromspeicher noch nicht zur Verfügung stehen. Ihr eigener Gutachter setzt diese Stromspeicher aber voraus, um damit Braunkohlekraftwerke am Netz zu halten.“ Alexander Fröhlich

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