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Spezialwerkstatt wird aufgelöst: Lufthansa macht den Abflug aus Schönefeld

Die Fluglinie Lufthansa gibt eine Spezialwerkstatt in Schönefeld auf – und schweigt zum Wartungszentrum am BER. Es geht um hunderte hochqualifizierte Jobs. Und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hält sich raus.

Schönefeld - Mehrfach ist die Lufthansa in die Kritik geraten, sich zu wenig in Berlin zu engagieren, etwa mit Langstreckenverbindungen. Nun wachsen Befürchtungen, dass Deutschlands größte Airline auch noch ihre Wartungskapazitäten auf ein notwendiges Minimum verkleinern könnte, wenn der Flughafen BER eröffnet. Der Grund: Die Lufthansa, die in Schönefeld bisher 310 und in Tegel weitere 100 Techniker beschäftigt, lässt seit Monaten offen, welche Kapazität und welches Profil ihr Wartungswerk am BER haben wird. Ein Abflug ist besiegelt. Endgültig fest steht nun, dass der Konzern die bisherige Spezialwerkstatt für Triebwerksteile in Schönefeld, die sogenannte „Rohrwerkstatt“, zum 31. März 2021 aufgibt.

„Das ist leider so“, sagte Uwe Paulenz, Betriebsratschef von Lufthansa-Technik in Schönefeld, am Freitag den PNN. „Wir verhandeln über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan.“ Die Belegschaft sei „stinksauer“. Die rund 60 Beschäftigten, die in Präzisionsarbeit bislang Benzinschläuche, Rohre und Leitungen großer Flugzeuge aus ganz Europa reparieren, sollen überwiegend nach Hamburg wechseln. Zusätzlich Unmut gibt es laut Paulenz, weil Mitarbeiter, die nicht wechseln wollen oder können, geringere Abfindungen erhalten sollen als ursprünglich vorgesehen. Die Werkstatt sei profitabel, mache jährlich eine Million Euro Gewinn. Am Donnerstag hatte der Personalvorstand von Lufthansa Technik, Antonio Schulthess, nach PNN-Recherchen auf einer Betriebsversammlung in Schönefeld diese bitteren Entscheidungen bekräftigt, diese Linie.

Neubau lohnt sich nicht

Hintergrund ist, dass die bisherigen alten Technikhangars der Lufthansa in Schönefeld 2021 für BER-Erweiterungen weichen müssen. Die Flughafengesellschaft hat zwar ein Ersatzgrundstück für den Bau neuer Hangars angeboten, das Lufthansa Technik aber bisher nicht angenommen hat. Die Vertragsverhandlungen laufen. Für die Rohrwerkstatt lohne sich ein Neubau nicht, sagte Jens Krüger, Sprecher von Lufthansa Technik, am Freitag. Jedem Mitarbeiter werde eine Perspektive geboten. Ansonsten verwies er auf die laufenden Verhandlungen. Es sei klar, dass Lufthansa Technik am Standort Berlin bleiben werde. „Die Frage ist, in welchem Umfang.“ Er sprach von der „Line Maintenance“. Das sind kleine Übernacht- Checks von Flugzeugen. Mitarbeiter und auch die Gewerkschaft Verdi befürchten, dass künftig nur noch diese kleinen Wartungen in Schönefeld erledigt werden, aber nicht mehr wie bisher aufwendige größere Reparaturen und Generalwartungen („Base Maintenance“), für die Flugzeuge mehrere Tage komplett auseinandergenommen werden, also dass die „Base Maintenance“ dann wie die „Rohrwerkstatt“ 2021 aus der Region abgezogen wird.

Brandenburgs Regierung bleibt untätig

Es geht um gut bezahlte, hochqualifizierte Industriejobs im Land Brandenburg. Spätestens seit Januar 2019 ist bekannt, dass sie zumindest zum Teil bedroht sind. Und trotzdem hält sich Brandenburgs rot-rote Regierung bisher raus, blieb untätig. Am Montag sorgte dies bereits im BER-Sonderausschuss des Landtages parteiübergreifend für Unverständnis, zumal die Regierung eine im Januar zugesagte Auskunft zum Stand schuldig geblieben war. Und am Donnerstag erklärte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im Landtag, als er eine dringliche Anfrage des CDU–Abgeordneten Rainer Genilke beantwortete, dass er überhaupt keinen Anlass für eine direkte Intervention bei der Lufthansa sieht. Das sei allein Sache von Flughafengesellschaft und der Lufthansa, sagte Steinbach. „Wir haben uns zum jetzigen Zeitpunkt in diese Verhandlungen zwischen der Flughafengesellschaft und der Lufthansa Technik nicht aktiv eingemischt“. Und die Signale aus den Verhandlungen seien gut. Wenn es nötig werde, werde er aber moderierend eingreifen.

Nur drei Stunden, nach dem Steinbach das alles im Landtag verkündete, fand in Schönefeld die bittere Betriebsversammlung in der „Rohrwerkstatt“ in Schönefeld mit dem Personalvorstand von Lufthansa Technik statt. Das wäre seinem Vorgänger Albrecht Gerber nicht passiert, heißt es selbst in der rot-roten Koalition. „Das ist eine Bankrotterklärung von Politik, ein Verrat an Wirtschafts- und Arbeitnehmerinteressen Brandenburgs“, sagte der parteilose Abgeordnete Christoph Schulze. „Wozu haben wir einen Wirtschaftsminister, wenn er es nicht einmal versucht?“ Überhaupt sei es ein Skandal, dass man eine gut laufende Firma im Osten aufgebe, um den Standort Hamburg aufzupäppeln.

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