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Noch 29 Tage: „Unter den Linden“ jetzt in Schönefeld

Erst die Rodung, jetzt frisches Grün: Am Flughafen werden Tausende Bäume gepflanzt – und ein spezieller Rasen gezüchtet

Schönefeld - Die Linden entlang der Zufahrt zum neuen Flughafen sehen gar nicht mehr wie Baumschüler aus, obwohl sie gerade erst gepflanzt wurden: 45 Zentimeter Stammumfang, sechs bis sieben Meter hoch. Sie bilden eine stattliche Allee parallel zur Hauptstraße und weisen dadurch optisch die Richtung zum Terminal. Auf der anderen Seite von Straße und danebenliegender Bahntrasse sollen aufgeschüttete Sanddünen und Kiefern märkisches Lokalkolorit verströmen. Etwas weiter entfernt, bei den Parkplätzen, gibt es außerdem kleinere Linden sowie Ahorne und ein paar Ulmen.

Angesichts von insgesamt fast 1300 neuen Bäumen allein im Bereich zwischen Autobahn und Terminal wird klar, dass der Flughafen auch für Gartenbaubetriebe eine große Nummer sein dürfte.

„Das sind alles Kompensationsbäume“, sagt Karsten Holtmann, der als Landschaftsplaner bei der Flughafengesellschaft die Gestaltung der Grünflächen betreut. Die zugehörigen Entwürfe stammen vom Büro WES & Partner mit mehreren Filialen in Deutschland und internationaler Erfahrung.

Die Formalien allerdings ergeben sich aus gesetzlichen Vorschriften und speziellen Anforderungen, die ein Flughafen stellt. Wegen der Vorschrift spricht Holtmann von „Kompensationsbäumen“: Sie ersetzen Exemplare, die für den Flughafenneubau gefällt werden müssen – als Teil der sogenannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Mit denen soll die unvermeidliche Naturzerstörung kompensiert werden. Schließlich sind allein für die neue Südbahn 240 000 Quadratmeter Landschaft zubetoniert worden. Insgesamt ist der neue Flughafen fast dreimal so groß wie der bisherige. Dafür sind rund 6000 Kompensationsbäume fällig, die vor allem an Wegen in der Umgebung des Flughafens gepflanzt wurden. Außerdem wurden die verwilderten Gutsparks von Großziethen und Dahlewitz hergerichtet und drei Landschaftsparks am südlichen Berliner Stadtrand angelegt. Als langfristiges Großprojekt folgt die Zülowniederung ein Stück südlich des Flughafens, wo in Zusammenarbeit mit einem Landschaftspflegeverein die riesigen Ackerflächen im LPG-Stil in kleinteiligere, von Hecken durchzogene Felder umgewandelt werden sollen, auf denen sich Fuchs und Hase und rastende Zugvögel gute Nacht sagen können. Aus weiteren 35 Millionen Euro, die die Flughafengesellschaft nach eigenen Angaben in den Brandenburger Naturschutzfonds einzahlt, können auch Projekte in anderen Teilen des Landes gefördert werden.

Während der Fluggast auf dem Weg zum Airport also etwas fürs Auge und für die Linderung sommerlicher Hitze geboten bekommt (sofern er nicht per Zug im Tunnelbahnhof eintrifft), sieht er um die Startbahnen ausschließlich Rasen, den der Landschaftsplaner Holtmann als „technisches Grün“ bezeichnet: Das beschreibt zum einen den für die Regenwasserversickerung optimierten Untergrund und zum anderen die gewählte „Langrasenmischung“, in der sich Beutetiere vor jagenden Greifvögeln verstecken können. Das Kalkül: Beutetiere wie Mäuse und Kaninchen kommen ohnehin, aber Vögel suchen sich bei mangelndem Jagderfolg andere Reviere. Denn „Greifvögel können wir hier nicht gebrauchen – und im Anflug schon gar nicht“. Vogelschlag zählt zu den großen Gefahren für die Luftfahrt. Deshalb fallen auch Ebereschen und andere Früchtelieferanten als Kompensationsbäume aus. Und die Laternen am Flughafen tragen Dornenhüte.

Was sich auf dem zweimal im Jahr zu mähenden Rasen noch ansiedeln wird, bleibt spannend: Holtmann weiß von Orchideen auf dem Flughafen Köln-Bonn; außerdem lassen sich erfahrungsgemäß allerlei interessante Insekten oder kleine Vögel wie Feldlerchen nieder, die weder Güllewirtschaft noch Ausflüglerhorden vertragen, aber mit Fluglärm und Kerosingestank kein Problem haben. Es sind eher die Unauffälligen, die am Flughafen leben.

Die Auffälligen, also die Siebenmeterlinden vor dem Terminal, markieren nach Auskunft von Holtmann die größtmöglichen Bäume, die sich guten Gewissens verpflanzen lassen. „Der Fürst Pückler hat für seine Parks zwar auch erwachsene Bäume umsetzen lassen“, sagt Holtmann, „aber dafür war er ja hinterher auch pleite“.

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