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Jörg Marks, bis heute Geschäftsleiter Technik und Bau der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH.

© dpa

Neuer Hauptstadtflughafen: Der BER befindet sich im Sturzflug

Turbulenzen beim Spitzenpersonal des Hauptstadtflughafens: BER-Technikchef Jörg Marks muss gehen. Ist der BER-Start 2018 noch zu schaffen?

Schönefeld - Der Neue geht nur kurz ans Handy. Die Nachricht, dass er Technikchef am Flughafen wird, Nachfolger für den plötzlich gefeuerten BER-Bauleiter Jörg Marks, ist da gerade ein paar Minuten alt. „Später, dafür habe ich jetzt keine Zeit“, sagt Christoph Bretschneider. Der 56-jährige Berliner soll nun schaffen, woran vor ihm schon seit 2006 viele scheiterten, nämlich den Airport in Schönefeld fertigzustellen. Bretschneider, der Maschinenbau studiert und eine Industriekarriere hinter sich hat, ist derzeit Unternehmensberater. „Beratung und Begleitung für Projektgeschäft, Mediation und Change Management“ – so steht es auf seiner Homepage, er sei ein „zielorientiert ausgerichteter Realisierungsmanager mit langjähriger, internationaler Projekt- und Führungserfahrung“. Von 2010 bis 2014 war er Vorsitzender der Geschäftsführung DB ProjektBau GmbH, vorher bei Bombardier und Siemens. Bretschneider war Projektleiter etwa beim Transrapid in Schanghai und hat bei der Bahn einen guten Leumund. Erfahrungen mit Gebäudesanierungen finden sich in seiner Erfolgsliste freilich keine.

Am BER, wo seit Jahren kein Termin gehalten wird, soll Bretschneider den bisherigen Technikchef Jörg Marks beerben. Den früheren Regionalmanager bei Siemens hatte Hartmut Mehdorn 2014 zum Flughafen geholt. Marks lenkte die Sanierung des verpfuschten Terminals in geordnete Bahnen. Auch er bekam allerdings die Baustelle nicht in den Griff. Alle selbst gesteckten Meilensteine im Fahrplan für den BER-Start 2017, den Marks 2014 maßgeblich entworfen hatte, wurden verfehlt. Das Ausmaß der jüngsten Probleme um Türen und Sprinkleranlage hatte alle überrascht, auch den Bauleiter selbst. Schon seit Wochen hatte sich Unmut über Jörg Marks angestaut.

Alle warnten, aber Mühlenfeld zog es durch

Die Umstände aber, wie der Technikchef ausgewechselt wird, entfachen im Aufsichtsrat Empörung. Am Mittwoch hatte der Präsidialausschuss des Kontrollgremiums, das Berlins Regierender Michael Müller (SPD) leitet, kurzfristig getagt. Mühlenfeld und Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster kündigten dort die Entlassung an, für den nächsten Tag. Alle warnten, alle rieten ab, die Brandenburger, die Berliner, die Arbeitnehmer, der Bundesvertreter. Und dann vergingen 24 dramatische Stunden, in denen die Eigentümer die Alternative hatten, Mühlenfeld Marks entlassen zu lassen – oder den Flughafengeschäftsführer selbst abzulösen. Aber das wollte auch niemand.

Mühlenfeld zog es durch. „Über diese Entscheidung hat die Geschäftsführung den Präsidialausschuss des Aufsichtsrats gestern informiert“, heißt es in der Mitteilung der Flughafengesellschaft. „Diese Entscheidung fällt in den operativen Verantwortungsbereich der Geschäftsführung.“ Die Projektleitung wird „mit sofortiger Wirkung“ durch den früheren Geschäftsführer der DB ProjektBau GmbH, Christoph Bretschneider, übernommen. Er sei „ein erfahrener Manager, der auf dem Weg zur Eröffnung des BER eine zentrale Funktion übernehmen wird, um das Projekt zum Abschluss zu führen“. Notwendig dafür sei „auch, dass die schwierige Konstellation mit den verantwortlichen Unternehmen und den Sachverständigen gelöst wird“. Außerdem müssten die Voraussetzungen für eine planmäßige Inbetriebnahme geschaffen werden – und das könnte selbst 2018 misslingen.

Rausschmiss von Technik-Chef Marks wird teuer

Die Verärgerung über den Alleingang Mühlenfelds bei den Eigentümern ist groß. Nicht nur, weil der Neue sich in dieser Phase, von Müller jüngst als „Schlusskurve“ bezeichnet, erst einarbeiten muss. Auch der Rausschmiss von Marks (Jahresgehalt mit Bonuszahlung und Altersvorsorge: 270 000 Euro) wird teuer. Nach Informationen dieser Zeitung stehen Marks, den Mehdorn mit einem lukrativen Vertrag bei Siemens abwarb, zwei Jahresgehälter als Abfindung zu. Der Aufsichtsrat, wo das Vorgehen ein Nachspiel haben wird, tagt das nächste Mal am 17. März. Mühlenfeld steht unter Druck.

Und Brandenburgs Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem neuen BER-Technikchef, reagierte so: „Es ist in der Verantwortung der Geschäftsführung, alles zu tun, das Projekt BER baldmöglichst erfolgreich an den Start zu bringen. Von daher nehme ich die jetzt getroffene Entscheidung zur Kenntnis.“

Michael Müller (SPD) hätte kaum distanzierter reagieren können. „Der Präsidialausschuss hat den Sachverhalt kritisch diskutiert. Die Geschäftsführung steht in der Verantwortung, dass die personellen Veränderungen zu einer Beschleunigung der Fertigstellung führen“, erklärte er. „Dies wird der Aufsichtsrat sehr eng überwachen. Jetzt muss sich die Geschäftsführung daran messen lassen, dass der BER sicher und im Kostenrahmen in 2018 eröffnet wird.“ Sonst fliegt der Nächste: Karsten Mühlenfeld.

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