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Der angeklagte frühere NPD-Politiker Maik Schneider (M.) wartete heute im Landgericht auf den Prozessbeginn, links steht sein Verteidiger Oliver Milke. 

© Bernd Settnik/dpa

Nach Brandanschlag von Neonazis in Nauen: Brandenburgs Justiz in der Befangenheitsschleife

Richter waren überzeugt, dass Neonazis um den früheren NPD-Politiker Maik Schneider in Nauen eine Turnhalle aus rassistischen Motiven niedergebrannt haben. Seit heute wird der Prozess neu aufgerollt – und steht gleich wieder auf der Kippe.

Potsdam - Die abgebrannte Turnhalle in Nauen ist wieder aufgebaut. Schüler treiben dort Sport, wo eigentlich Flüchtlinge, die 2015 in großer Zahl in Brandenburg Schutz suchten, eine Notunterkunft finden sollten. Die Frage der Schuld an dem verheerenden Brand mit 3,6 Millionen Euro Sachschaden – sie war geklärt, eigentlich. Am 25. August 2015 brannte die Halle nieder, angezündet – davon waren Richter überzeugt – aus ausländerfeindlichen Motiven von einer Gruppe Neonazis um den früheren NPD-Politiker Maik Schneider aus dem Havelland. Der Hauptangeklagte Schneider, heute 31 Jahre alt, war im Februar 2017 vom Landgericht Potsdam wegen des Brandanschlags und anderer Taten zu einer Gesamtstrafe von neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. 

Doch seit dem gestrigen Mittwoch wird der Prozess gegen Schneider und den Mitangeklagten Dennis W. in Potsdam unter hohen Sicherheitsvorkehrungen neu aufgerollt – und steht gleich wieder auf der Kippe. Nach nur zwei Stunden wurde der Revisionsprozess vertagt. Erneut ging es dabei um die mögliche Befangenheit Prozessbeteiligter.

Ein Befangenheitsantrag gegen einen Schöffen war es, der das erste Urteil aushebelte. Der Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshof (BGH) hob den Richterspruch der Ersten Strafkammer auf, weil ein Laienrichter befangen gewesen sei. Gleich am ersten Prozesstag Ende 2016 hatte er an Schneider die Frage gerichtet: „Glauben Sie den Quatsch eigentlich, den Sie hier erzählen?“ Der Ex-NPD-Mann hatte zuvor erklärt, er habe die Halle nur „einrußen“, ein Zeichen setzen wollen, „damit der Kreis nicht Hunderte von Leuten dort einpfercht“. Das Gericht lehnte den Befangenheitsantrag gegen den Schöffen seinerzeit ab – ein Fehler, so der BGH.

Noch ist offen, ob der Prozess mit anderem Personal neu beginnen muss

Nun, am ersten Tag des neuen Prozesses, muss das Landgericht erneut über einen Befangenheitsantrag entscheiden. Schneiders Verteidiger werfen zwei Richterinnen der nun zuständigen Fünften Strafkammer vor, nicht objektiv zu sein. Denn sie lehnten im Sommer 2018 einen Antrag auf Haftentlassung Schneiders ab, beriefen sich in ihrer Begründung auf das Urteil der Ersten Kammer, das – so die Argumentation der Verteidigung – der BGH aber kassiert habe. Dazu kommt eine Besetzungsrüge gegen das Gericht: Aus Sicht von Schneiders Anwälten hätte nach der Geschäftsordnung ein anderer Richter berufen werden müssen. Die Staatsanwaltschaft hält die Bedenken für unbegründet.

Würde die Kammer den Befangenheitsantrag für begründet erachten, müsste der Prozess in einer anderen Besetzung neu beginnen, erläutert Gerichtssprecherin Sabine Dießelhorst. Wenn der Antrag zurückgewiesen wird, bestünde die Möglichkeit, dass sich der ganze Vorgang wiederholt: Im Rahmen einer Revision könnte die Verteidigung rügen, dass das Befangenheitsgesuch von der Kammer zu Unrecht verworfen wurde, was eine Aufhebung eines Urteils nach sich zöge – und ein neuen Prozess. Die Entscheidung über den Antrag und auch darüber, ob das Verfahren gegen Schneiders Komplizen abgetrennt wird, fällt am heutigen Donnerstag. Dann wird der Prozess fortgesetzt, für den, wenn es nicht anders kommt, noch 13 Prozesstage bis Mitte Dezember terminiert sind. 

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