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Der Abholpunkt des amerikanischen Dienstleistungsunternehmens Uber auf dem dem LaGuardia-Flughafen in New York. Bald will das Unternehmen auch in Brandenburg im Rahmen eines Pilotprojekts Fahrten anbieten.

© Seth Wenig/AP/dpa

Update

Mobilität: Uber bereit für Landpartie in der Mark

Der US-Fahrdienstleiter will ein Pilotprojekt für Mobilität im ländlichen Raum in Brandenburg starten – und sucht dafür Kommunen. Potsdam ist dabei nicht gefragt.

Potsdam - Der US-Fahrdienstleister Uber, bislang in Deutschland in Berlin und sieben weiteren Großstädten unterwegs, will raus aufs Land in Brandenburg: Das weltweit in 700 Städten tätige Unternehmen sucht für ein Fahrdienst-Pilotprojekt eine experimentierfreudige Kommune im Berliner Umland mit Anbindungsnöten. Das kündigte Christoph Weigler, Generalmanager von Uber Deutschland, am Montag im Gespräch mit den PNN an. Denkbar sei vielleicht eine Gemeinde mit einem nahen S- oder Regioanschluss, wo über Uber ein „Zubringer-Service“ angeboten werden könnte. „Wir wollen den Beweis antreten, dass wir Leute zum Umsteigen bewegen können“, so Weigler. Ziel sei es, noch im ersten Halbjahr 2020 in einer brandenburgischen Kommune loszulegen.

Nun ist das Unternehmen umstritten. In den Städten, wo Uber seine Dienste anbietet, man Fahrten über die App auf dem Smartphone bucht, fürchtet die Taxibranche die Konkurrenz. In Berlin hatte es jüngst einen Protestkorso hunderter Taxen gegen Uber und ähnliche Anbieter gegeben. „Es gibt einen Teil der Taxi-Community, der kritisch ist“, sagte Weigler dazu. „Es gibt in Berlin aber auch über tausend Taxifahrer, die sich über die Uber-App Fahrten vermitteln lassen“. Ein Teil der Vorbehalte habe immer noch damit zu tun, dass man vor fünf Jahren mit dem kalifornischen Modell gestartet sei, Privatleute für Fahrten zu vermitteln. „Von diesem alten Modell haben wir uns komplett verabschiedet“, sagte Weigler.

Derzeit werden Rathäuser in Brandenburg angeschrieben

Und warum jetzt ein Projekt in Brandenburg? „Bei Uber denkt man ja nicht gerade an den ländlichen Raum: Unser etwas kontroverser Markteintritt in Deutschland war ja auf Ballungszentren beschränkt“, so Weigler. Doch sei Mobilität im ländlichen Raum die eigentliche Herausforderung. „Wir wollen lernen und beweisen, wie On-Demand-Fahrdienstmodelle in ländlichen Regionen funktionieren können.“ In der Berliner Uber-Zentrale habe man dafür schon ein Projektteam gebildet. Parallel zum öffentlichen Aufruf sei man dabei, Rathäuser in Brandenburg anzuschreiben.

Es ist erst das zweite Pilotprojekt in Deutschland, mit dem sich das bislang in Großstädten gestartete und als Taxi-Konkurrenz umstrittene US-Unternehmen aufs Land wagt. Premiere war in Kirchheim, einer 40.000 Einwohner-Stadt nahe München. Dort bietet Uber – über eine Kooperation mit der Gemeinde – seit einem halben Jahr Fahrten innerhalb von Kirchheim und fünf weiteren Orten im Nahbereich für einen Pauschalpreis von fünf Euro an, und zwischen Mitternacht und fünf Uhr für einen Festpreis von 15 Euro einen Heimbringer-Service von der Münchner Innenstadt nach Kirchheim. 

“Unser Kirchheim-Projekt zeigt, dass die Menschen neue Mobilitätsoptionen suchen und nutzen. Etwa zwei Drittel aller Fahrten bringen Menschen nachts sicher heim. Ein Drittel sind Zubringer zu Haltestellen des Nahverkehrs oder zwischen den Gemeinden”, so Weigler in einer Pressemitteilung von Uber. Das zunächst für drei Monate geplante Pilotprojekt ist wegen der großen Nachfrage jüngst um ein halbes Jahr verlängert worden. Mit mehr als 1000 Kunden pro Monat habe es die „kühnsten Erwartungen übertroffen“, sagte Weigler. Kirchheim habe aber auch gezeigt: Es gebe gerade im ländlichen Raum „noch viel zu lernen, so dass wir in Brandenburg nun unseren zweiten Piloten starten wollen.“

Potsdam sei zu groß

Der Steckbrief einer märkischen Partner-Kommune sieht nach der Schilderung des Uber-Chefs etwa so aus: Die Landeshauptstadt Potsdam ist zu groß und damit raus. Die Kommune sollte sich etwa in einem Radius von 50, 60 Kilometern um Berlin befinden, nicht direkt am Berliner Stadtrand, eher weiter draußen. Es könne auch gern eine kleinere Gemeinde sein, wo es ohne Pkw schwierig sei, von A nach B zu kommen, sagte Weigler. Ein Bahnhof mit S-Bahn oder Regioverbindungen sollte in der Nähe sein. Denkbar sei möglicherweise auch, eine Shuttle-Lösung für eine Kommune ohne ÖPNV-Anbindung zu erproben. „Ich kann mir auch vorstellen, dass es um eine Lösung für Pendler geht, die nicht nach Berlin, sondern vielleicht in eine Kreisstadt oder zu einem Industriearbeitgeberin der Nähe müssen“, so der Uber-Chef. „Wir sind selbst gespannt, was an Vorschlägen kommt. Wir sind da offen.“ Wie in Kirchheim werde Uber die Kosten übernehmen, falls Investitionen nötig sind.

Die Zeitschiene ist nach Weigelts Worten so angepeilt, dass die Interessenbekundung möglichst bis Ende März erfolgen sollte, um dann in Sondierungen und konkrete Vorbereitungen zu gehen. Und wer soll in der Brandenburger Pilotgemeinde für Uber fahren? Das könnten lokale Taxi-, Mietwagen- oder Busunternehmer sein, möglichst mit emmissionsarmen Fahrzeugen im Fuhrpark, nicht gerade uralten Dieseln, sagte Weigler. Klar sei, dass es vor Ort schon irgendeine Struktur geben müsse, auf die man aufsetzen könnte. „Unser Wunsch wäre es, in Brandenburg einen Piloten zu starten, wo wir von vornherein lokale Taxiunternehmen integrieren.“

In Potsdam soll trotzdem expandiert werden

Und die Landeshauptstadt Potsdam? Man könne ja schon heute in Potsdam Fahrten über die Uber-App bestellen, sagte Weigler. Unabhängig vom Pilotprojekt sei Potsdam perspektivisch „ein hochspannendes Gebiet, wo wir auch hin expandieren möchten.“ Es sei sehr gut vorstellbar, mit lokalen Taxi- und Mietwagenunternehmen in der Landeshauptstadt zusammenzuarbeiten. So sei es es nach Schilderungen aus seinem Bekanntenkreis in der Landeshauptstadt offenbar eine große Herausforderung, Fahrten zum Flughafen zu bestellen. „Da ist Luft nach oben.“

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