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Dieter Hütte sorgt sich um die Branche.

© Privat

Interview | Brandenburgs Tourismusbranche: "Pessimismus die vorherrschende Stimmung"

Die Hotels und Gaststätten der Mark sind geschlossen, Brandenburgs Tourismuswirtschaft leidet. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Brandenburger Tourismus-Marketing GmbH, Dieter Hütte.

Herr Hütte, wie ist die Stimmung unter den Touristikern im Land? 

Bis vor kurzem gab es einen Zweckoptimismus nach dem Motto: „Wir schaffen das“. Als die Kanzlerin aber verkündete, dass Öffnungen im Tourismus erst einmal nicht dran seien, änderte sich das. Jetzt ist Pessimismus die vorherrschende Stimmung. Ein konkretes Beispiel: Den Friseuren haben Bund und Länder gesagt, dass sie sich mit einer gewissen Vorbereitung darauf einstellen können, ab Mai wieder zu arbeiten. Dass eine solche Perspektive wieder erkennbar ist, hätten wir uns auch erhofft. Der Tourismus ist ja nicht nur als reiner Wirtschaftsfaktor zu betrachten. Wir haben ja auch eine Funktion: Bei uns erholen sich die Menschen. Und die Regionen entwickeln sich mit dem Tourismus. 

Geschäftsreisen sind ja in Brandenburg erlaubt. Spürt man das? 

Wir müssen der Branche schon noch sagen, dass das auf das Notwendige beschränkte geschäftliche Reisen weiter erlaubt ist. Aber ich weiß nicht, welche Rolle Geschäftsreisen künftig noch spielen werden. Man wird sich nach all den Erfahrungen mit Videokonferenzen schon überlegen, ob man für einen Termin von einer Stunde nach München fliegt, und sich damit einen Arbeitstag ruiniert, oder ob man die Möglichkeiten der modernen Kommunikation nutzt. 

Wo sehen Sie da die Zukunft? 

Im Moment bereiten wir einen Dialog mit den Unternehmen vor, die in diesem Segment tätig sind: Was heißt Corona konkret für das Geschäftsreisesegment? Sind das nur Risiken oder auch Chancen? Nehmen Sie die „Alte Ölmühle“ in Wittenberge: Ein „Keynote Speaker“, der von Stuttgart oder München aus nicht nach Wittenberge fahren will, wird sich künftig vielleicht einfacher als bisher per Video zuschalten – und die Konferenz kann trotzdem in der Prignitz stattfinden. 

Erwarten Sie weitere Veränderungen in der Branche? 

Ich kann mir vorstellen, dass es künftig nicht nur auf die Sterne eines Hotels ankommt. Sondern zum Beispiel auch auf die Frage, was ein Unternehmen unternimmt, damit sich der Gast gesund und sicher fühlt. Auf Hygiene wird es künftig deutlich mehr ankommen, als bisher. 

Wie lange hält die Branche in Brandenburg denn noch durch?

Das ist pauschal nicht zu sagen. Das hängt davon ab, wie die einzelnen Unternehmen aufgestellt sind. Im Unterschied zu anderen Entwicklungen kann man aber wirklich sagen: Der Tourismus ist weltweit getroffen, und zwar nicht aus eigener Schuld, sondern durch nachvollziehbare staatliche Verordnungen zum Schutz der Bevölkerung. Deswegen brauchen wir nun auch eine Perspektive von der Politik: Betriebe können sich nicht nur auf Kredite stützen. Irgendwann müssen wir auch wieder Geld verdienen können. Sonst stellen sich irgendwann die Fragen nach Überschuldung und Insolvenzverschleppung. 

Wie könnte man denn in Corona-Zeiten Tourismus organisieren? 

Das ist schwierig: Wenn ich einen Bus coronasicher reisen lassen will, dürften in einem Fahrzeug mit 50 Plätzen maximal zehn Leute sitzen. Aber das rechnet sich natürlich nicht. Die ganzen betriebswirtschaftlichen Modelle müssen alle neu geschrieben werden. Oder nehmen Sie den Außer-Haus-Verkauf: Damit verdienen Restaurants selbst in Potsdam nur vielleicht ein Drittel ihrer normalen Einnahmen. Damit kann man vielleicht gerade die Miete decken. Umgekehrt glaube ich schon, dass es zumindest in der Außengastronomie, wo man ja unter freiem Himmel sitzt, durchaus Lockerungen vertreten kann.  

Welche Folgen hätte es, wenn das Sommergeschäft gar nicht zu Stande kommt? 

Das Besondere in unserer Branche war ja immer, dass man die Zeit nach Ostern genutzt hat, um sich Reserven für den Winter aufzubauen. Und das ist das, was viele Unternehmen derzeit nicht können. Die Unternehmen müssen sich derzeit schon die Frage stellen, wie sie den kommenden Winter überstehen. Und das sieht bei vielen derzeit wirklich nicht gut aus. 

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