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Hartnäckig. Danilo Fischbach und seine Frau Christin mit Tochter Amelie.

© privat

Für Amelie: Wie ein Vater für beitragsfreie Kitas kämpft

Danilo Fischbach aus Oberhavel hat mit seiner vor drei Jahren gegründeten Elterninitiative die Brandenburger Politik aufgemischt und die Einführung eines beitragsfreien Kitajahres erkämpft

Schwante/Potsdam - Der Grund, warum Brandenburger Eltern künftig für das letzte Kitajahr keine Beiträge mehr bezahlen müssen, heißt Amelie. Amelie ist heute vier Jahre alt und die Tochter von Danilo Fischbach. Als der Justizvollzugsbeamte aus Schwante im Kreis Oberhavel 2014 einen Krippenplatz für seine kleine Tochter suchte, packte ihn die Wut. Wut darüber, dass die Kitagebühren in Brandenburg die Familienplanung beeinflussen. Denn ein zweites Kind, das hatten sich Danilo Fischbach und seine Frau Christin beim Blick auf die Betreuungskosten ausgerechnet, konnten sie sich nicht leisten.

Besonderes Ärgernis für die voll berufstätigen Eltern: Ihre Gemeinde Oberkrämer verlangte mit 353 Euro im Monat für täglich zehn Stunden Betreuung weit höhere Gebühren als etwa die Kreisstadt Oranienburg. Die Differenz innerhalb eines Landkreises: 124 Euro monatlich. Aus der persönlichen Betroffenheit der Fischbachs, der Beschäftigung mit dem Kita-Chaos wurde ein bundesweiter Einsatz für mehr Bildungsgerechtigkeit. Dass die rot-rote Landesregierung nun ab August das letzte Kitajahr vor der Einschulung für Eltern beitragsfrei stellen will, ist ein großer Erfolg für Danilo Fischbach, der seine Wut kanalisiert und mit einer Elterninitiative massiven Druck auf die Politik aufgebaut hat. „Meine Dankbarkeit kennt da keine Grenzen“, sagt der 34-Jährige und meint damit weniger das Geld, das seine Familie spart, sondern die Tatsache, dass das politische Potsdam ein Anliegen der Eltern ernstgenommen hat.

1000 Euro weniger im Portemonnaie: Für eine alleinerziehende berufstätige Mutter durchaus entscheidend

Das war anfangs nicht so. Danilo Fischbach ist 2014 nach Potsdam gefahren, zum damaligen Bildungsminister Günter Baaske (SPD), um mit ihm über das Gebührenwirrwarr und die aus seiner Sicht einzige gerechte Lösung zu sprechen: Kitas als Bildungseinrichtungen zu begreifen und wie Schulen gebührenfrei zu stellen. Genutzt hatte es nichts. Baaske fuhr damals die Linie, das Landesgeld lieber in die Qualität der Kitas zu stecken und den Betreuungsschlüssel zu verbessern. Außerdem, so hieß es damals, würde das Land mit dem Erlassen von Beiträgen wohlhabende Eltern mitfinanzieren. Baaskes Nachfolgerin und Parteikollegin Britta Ernst sieht das heute anders. Alle Familien hätten etwas von der Beitragsfreiheit, vor allem die Mittelschicht, die sonst keinen Anspruch auf Vergünstigungen habe, sagt sie. Für eine alleinerziehende, berufstätige Mutter sei es durchaus entscheidend, ob sie im Jahr 1000 Euro mehr oder weniger im Portemonnaie habe.

Fischbach freut der Sinneswandel von Sozialdemokraten und – schon früher erfolgt – der Linken. „Sie finden zu ihren eigenen Programmen zurück“, sagt der Beamte, der in Berlin arbeitet. Vor vier Jahren sei das noch anders gewesen. Fischbach sprach viele Politiker verschiedener Couleur an. Enttäuschend sei das gewesen, mit reden allein war nichts zu bewirken – bis der Vater auf die Macht der Masse und der sozialen Medien setzte. Fischbach gründete die „Bürgerinitiative für beitragsfreie Kita- und Krippenplätze in Deutschland“, die auf Facebook mehr als 3500 Unterstützer hat. Aber nicht nur im Netz trommelte er. Im Juli 2015 übergab die Initiative 12 000 Unterschriften an den Landtag, verbunden mit der Forderung nach einer kompletten Beitragsfreiheit, wie sie ab 2019 in Berlin gelten wird. Das gebührenfreie Jahr in Brandenburg sei ein „Einstieg“, sagt Fischbach, mittlerweile auch Sprecher der Bundeselternvertretung für Kitas, die von Aktiven aus allen Bundesländern gegründet wurde.

Danilo Fischbach hat es geschafft: Tochter Amelie wird vom beitragsfreien Kitajahr profitieren

Für Brandenburg hat es Danilo Fischbach noch rechtzeitig geschafft: Tochter Amelie wird vor ihrer Einschulung im übernächsten Jahr noch vom beitragsfreien Kitajahr profitieren. Das sei zwar schön, aber er habe den Kampf nicht in erster Linie für sein eigenes Kind geführt, sondern für alle Familien, betont Fischbach. Inzwischen koste ihn sein Engagement so viel Zeit, dass die eigene Familie manchmal zu kurz komme. Aber er will weitermachen. Mehr Erzieher in den Einrichtungen. Ein Landeselternbeirat als Mitwirkungsgremium. Rückzahlungen für Eltern, deren Beiträge wie in Potsdam aufgrund des schwammigen Kitagesetzes und der unterschiedlichen Auslegung durch die Kommunen falsch berechnet wurden. Bundeseinheitliche Qualitätsstandards. Fischbach hat noch einiges auf der Agenda.

Schreiben an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und CDU-Landeschef Ingo Senftleben hat er diese Woche aufgesetzt. Sie sollen während der GroKo-Sondierungsrunden in Berlin darauf hinwirken, dass Kitas grundsätzlich kostenfrei werden, und zwar bundesweit. Ein großes Ziel, aber nach dem Teilerfolg in Brandenburg ist Amelies Vater überzeugt: „Demokratie funktioniert – wenn man einen langen Atem hat.“

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