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Im brandenburgischen Jänschwalde betreibt Vattenfall ein Braunkohlekraftwerk.

© dpa

Fossile Energie: Vattenfall will angeblich deutsche Kraftwerke verkaufen

Wind, Wasser und Sonne sind die Energiequellen der Zukunft. Vattenfall hingegen hat reichlich Kohlekraftwerke - und will sie offenbar loswerden.

Berlin - Da in Schweden „die Hütte brennt“, wie es im Konzern heißt, prüft Vattenfall den Verkauf des Braunkohlekraftwerks im sächsischen Lippendorf. Die  Schweden mögen die Braunkohle nicht, und sie sind in Sorge um ihren Staatskonzern Vattenfall, dessen Geschäfte in Deutschland und in den Niederlanden nicht besonders gut laufen. Die größte schwedische Wirtschaftszeitung „Dagens Industri“ berichtete am Freitag über Vattenfalls „Milliarden-Klatschen“ im Ausland. Konkret geht es um milliardenteure Abschreibungen auf die niederländische Tochter Nuon und den Atomausstieg in der Bundesrepublik. Andere Zeitungen sehen den Konzern „an die Wand gefahren“ und schreiben über die „Umweltschurken“. In der Regierung gebe es deshalb erste Stimmen, die auch einen Verkauf der deutschen Braunkohle befürworteten.

Diese Option dementiert die in Berlin ansässige deutsche Vattenfall-Tochter ausdrücklich: „Der Abbau von Braunkohle und deren Verstromung in der Lausitz bleiben weiterhin ein zentraler Bestandteil unseres Erzeugungsportfolios.“ Die Gewerkschaft IG BCE hat da Zweifel. Nach der Wende habe man im Osten für eine Privatisierungspolitik gekämpft, die dem Prinzip „von der Grube bis zur Steckdose“ gerecht werde. Nur in der Verbindung von Braunkohleförderung und -verstromung seien „die Wirtschaftlichkeitspotenziale voll zu heben“. Wenn Vattenfall aber nun zu Verkäufen gezwungen sei, „dann kann es nur um einen Gesamtverkauf und nicht um Einzelverkäufe gegen“, meinte der stellvertretende IG BCE-Chef Ulrich Freese, der auch als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der deutschen Vattenfall sitzt. Vattenfall baut in der Lausitz in fünf Tagebauen Braunkohle ab und verfeuert diese in den Kraftwerken Jänschwalde, Boxberg, Schwarze Pumpe und Lippendorf. Lippendorf, ein Gemeinschaftskraftwerk mit EnBW, ging 1999 in Betrieb und war in den 90er Jahren das größte private Bauprojekt in Sachsen.

Auch wegen der Eigentumsverhältnisse und wegen der Entfernung zur Lausitzer Braunkohle denkt Vattenfall nun über einen Verkauf nach. Dabei ist die Anlage profitabel, alle Braunkohlekraftwerke gelten als „Gelddruckmaschinen“. Doch Vattenfalls Finanzsituation ist prekär, da sich der Konzern vor allem in den Niederlanden verspekuliert hat: Der Kauf von Nuon für schätzungsweise knapp zehn Milliarden Euro war eine Fehlinvestition. Auch deshalb, weil Nuon vor allem Gaskraftwerke betreibt; die sind aber seit der Energiewende und dem rapiden Ausbau der Erneuerbaren in der Bundesrepublik inzwischen auch in Holland nicht mehr rentabel. In der Konsequenz ist die gesamte Expansionspolitik in Europa in die Kritik geraten.

Der Staatskonzern begann seine Einkaufstour Ende der 90er. Es begann in Hamburg mit dem Erwerb der HEW, später folgten die Braunkohleunternehmen Veag (Kraftwerke) und Laubag (Bergbau) sowie die Berliner Bewag. Die Firmen wurden zur Vattenfall Europe verschmolzen. Nach Pannen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel, stolperte der Konzern in eine erste Krise. Das Management wurde ausgewechselt, die Konzernstruktur ständig verändert. In der Folge verlor die Deutschlandtochter zunehmend Kompetenzen. Alle wichtigen Entscheidungen wurden in Stockholm getroffen. Trotz der aktuellen Turbulenzen dürften sich die Einkäufe hierzulande gelohnt haben: Bezahlt hat Vattenfall nur wenige Milliarden D-Mark für HEW/Bewag und die Braunkohlefirmen. Deren Wert wird heute mit mindestens zehn Milliarden Euro veranschlagt.

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