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Wer ist hier der Boss? Na, er – Engelbert Lütke Daldrup. Er ist seit März 2017 Chef der Flughafengesellschaft.

© Manfred Thomas

Flughafen: Das Wunder von BERlin

Der Airport soll im Oktober 2020 starten. Es wird Geld gebraucht, 770 Millionen Euro. Aber erst nach 2020. Und nur 370 Millionen will BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup von den Eignern. Wo ist der Haken?

Berlin - Es klingt wie das Wunder von Berlin. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup will bis zur geplanten Eröffnung des neuen Berliner Hauptstadt-Airports im Oktober 2020 ohne neue Zahlungen der öffentlichen Hand auskommen. Nach PNN-Informationen kalkuliert die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) für die Folgejahre 2020 bis 2025 dann zwar eine nötige Finanzspritze der drei öffentlichen Eigner ein, allerdings in überschaubarer Höhe von 370 Millionen Euro. Weitere 400 Millionen Euro der Finanzierungslücke von insgesamt 770 Millionen Euro sollen nach dem favorisierten FBB-Modell über unverbürgte Kredite finanziert werden. Und die FBB rechnet damit, statt ab 2021 nun ab 2024 Gewinne machen zu können, finanziell eigenständig zu sein.

Diese überraschenden Zahlen finden sich dem Vernehmen nach im mit Spannung erwarteten Entwurf des Businessplans der FBB für die Jahre 2018 bis 2025, den Lütke Daldrup jetzt den Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat vor der Sitzung des Kontrollgremiums zu den BER-Finanzen am kommenden Freitag vorgelegt hat, um mit dem BER-Start 2020 verbundene Finanzprobleme zu lösen. Die FBB bestätigte am Freitag offiziell die Höhe des vom RBB zuerst publik gemachten Finanzierungsbedarfs von 770 Millionen Euro, hielt sich aber zu Details bedeckt. Genau die haben es in sich.

Nach dem neuen Plan wird das Geld erst nach BER-Eröffnung in den Jahren 2020 bis 2025 benötigt, in denen die FBB zwar schon mit dem BER höhere Einnahmen hat, aber jährlich über 180 Millionen Euro für Schuldendienst aufbringen muss. Es soll etwa je zur Hälfte über unverbürgte Bankkredite (maximal 400 Millionen Euro) und über neue öffentliche Zuschüsse (370 Millionen Euro) finanziert werden. Wie die tiefrote Zahlen schreibende FBB damit auskommen will – trotz der Verschiebung der Eröffnung um zweieinhalb Jahre, monatlichen Stillstandskosten von zehn Millionen Euro und weiteren Baukosten am BER? Das Lösungsmodell sieht so aus: Nach PNN-Informationen sollen dafür 1,1 Milliarden Euro, die bereits zweckgebunden für BER-Erweiterungen bewilligt wurden und auf Abruf bereit liegen, aus einem zu einhundert Prozent öffentlich verbürgten Bankenkredit, jetzt für die Fertigstellung des BER umgewidmet werden. Auf Anfrage bestätigte Lütke Daldrup, dass „unter der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingungen dieser Kreditfinanzierung angepasst werden, die Finanzierung bis zur Inbetriebnahme gesichert ist.“

Der BER wird damit noch teurer als erwartet. Mit den 1,1 Milliarden Euro bis zur Inbetriebnahme steigen die Kosten für den einst mit 2,5 Milliarden Euro kalkulierten Airport vor den Toren Berlins in Schönefeld von derzeit 5,4 Milliarden Euro bis 2020 auf nunmehr 6,6 Milliarden Euro. Und: Auch das bislang mit 2,3 Milliarden Euro veranschlagte und dringend benötigte Erweiterungsprogramm des „Masterplans 2040“ muss bezahlt werden. Damit soll der zu kleine BER an das Berliner Passagierwachstum angepasst werden – auf am Ende Abfertigungsmöglichkeiten für 55 Millionen Passagiere jährlich. Lütke Daldrup hat bislang stets erklärt, dass die FBB die anstehenden Masterplan-Erweiterungen aus eigener Kraft finanzieren will, wovon nun zumindest abgewichen würde. Zudem gibt es für diese Masterplan-Kosten nur grobe Schätzungen.

Es betrifft die Jahre nach 2020. Trotzdem hält es die FBB für erforderlich, dass schon bis Mitte 2018 die Beschlüsse zur Finanzierung der später benötigten 770 Millionen Euro und damit auch des öffentlichen Anteils der drei Eigner gefasst werden. Das wären für Berlin und Brandenburg jeweils rund 139 Millionen Euro. Ohne Beteiligung der Parlamente geht das nicht. Und genau das ist ein Problem.

So geht Brandenburg als BER-Miteigner weiterhin auf Gegenkurs. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Finanzminister Christian Görke (Linke) lehnen, das hatten sie in den letzten Wochen bekräftigt, bisher weitere Haushaltsmittel für den BER ab. „Meine klare Erwartung ist unverändert, dass die Gesellschaft durch unternehmerische Eigenmaßnahmen zur Finanzierung beiträgt“, sagte Görke am Freitag den PNN. Und er pocht auf die Aussagen Lütke Daldrups zur BER–Erweiterung. „Für Ausbaumaßnahmen – über die Inbetriebnahme des BER hinaus – steht die FBB im Wort, eigenständig tragfähige Finanzierungsmodelle zu entwickeln und abzusichern.“ Rückendeckung kam von Grünen–Fraktionschef Axel Vogel: „Ich stärke Brandenburgs Finanzminister Christian Görke ausdrücklich den Rücken, keinerlei zusätzliche Landesmittel mehr für den BER in Aussicht zu stellen.“ Und CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben warf Woidke vor, „so tun als habe er mit dem Flughafenpfusch nichts zu tun.“ Statt öffentliche Gelder für BER-Erweiterungen zu geben, ist Brandenburg schon länger dafür, nach BER-Start einen privaten Investor als vierten Gesellschafter in die Flughafengesellschaft zu holen – was Berlin ablehnt.

Allerdings gilt eine Zusage. Berlin, Brandenburg und der Bund haben sich mit einer mit den öffentlichen Bürgschaften für den letzten Milliardenkredit gegebenen Garantieerklärung verpflichtet, egal was passiert, die Gesamtfinanzierung des neuen Hauptstadt-Airports als Eigentümer sicherzustellen.

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