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Flughafen Berlin-Brandenburg: Neue Verschwendung am BER

Der Bund lässt sich am BER ein Interims-Terminal bauen – nur für sechs Jahre. Dessen Kosten sind jetzt erneut gestiegen – auf 79 Millionen Euro. Brandenburg ist dafür, stattdessen Tegel zu nutzen.

Schönefeld - Es wären wieder verschwendete BER-Millionen. Und im Milliardenfiasko um den neuen Berliner Flughafen nimmt bisher niemand daran Anstoß: Der Bund lässt sich dort ein nach PNN-Informationen nun schon 79 Millionen Euro teures Interims-Regierungsterminal errichten, das nur fünf bis sechs Jahre bis 2023/2024 genutzt werden soll. Und zwar, bis für weitere 350 Millionen Euro der richtige Regierungsflughafen fertig ist. Ursprünglich sollten Staatsgäste in dieser Zwischenzeit im alten SXF-Terminal aus DDR-Zeiten einchecken. Das aber wird auch nach dem BER-Start für die Abfertigung von Passagieren noch längere Zeit unverzichtbar sein. 36 Millionen Fluggäste werden 2018 in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg erwartet, nur 23 Millionen können im zu kleinen neuen BER-Terminal abgefertigt werden.

Also wird für die Bundesregierung schnell ein Provisorium neu gebaut: Der vom Regierendem Michael Müller (SPD) geführte Flughafenaufsichtsrat hat auf der letzten Sitzung nach PNN-Informationen erneut acht Millionen Euro mehr für das Interims-Terminal bewilligt, nun mit 79 Millionen Euro kalkuliert – 25 Millionen Euro waren es ursprünglich. Mit Müh und Not hat der Flughafen dafür wenigstens eine Baufirma gefunden, den Konzern Züblin. Der sitzt bei den Preisverhandlungen objektiv am längeren Hebel, zumal der Zeitdruck groß ist: Er soll sich verpflichten, dass das Interimsterminal bis 2018 fertig ist. Die Kostensteigerung insgesamt liegt aber auch an vorher unterschätzten, aber nötigen Begleitarbeiten (Rollwege, Parkplätze) und an vom Bund geforderten immer höheren Ausstattungsstandards – Standards, die Geschäftsflieger als mögliche Nachnutzer des Gebäudes nicht benötigen.

Wegen der Kostenexplosion haben sich Brandenburger Vertreter im Aufsichtsrat dem Vernehmen nach beim Achtmillionenbeschluss der Stimme enthalten. Denn es gäbe – der Grund für die inoffizielle Brandenburger Linie – eine preiswerte Alternative, die bislang für die beiden anderen BER-Miteigentümer Berlin und den Bund tabu ist: Man könnte auf das Interim verzichten, die Regierungsflieger – maximal zehn Flüge am Tag, manchmal keiner – bis 2023/24 weiter in Tegel starten und landen lassen. Juristisch wäre das kein Problem, da der Regierungsflughafen nichts mit dem BER-Planfeststellungsbeschluss zu tun hat. Das ist die einhellige Einschätzung von Juristen. Und Tegel wäre zudem von Berlin-Mitte, wo das Kanzleramt, die Bundesministerien und der Bundestag ihr Domizil haben, auch künftig schnell und verlässlich erreichbar – im Gegensatz zum BER. Wie berichtet, wird nach Gutachten nach dem BER-Start die Stadtautobahn im Süden Berlins mindestens in Spitzenzeiten völlig überlastet sein. Auch der Landkreis Dahme-Spreewald unter Landrat Stephan Loge (SPD) und dem für den BER zuständigen Baubeigeordneten Chris Hallecker (Linke) fordert die überfällige Anpassung der Verkehrsanbindung zum neuen Großflughafen ein, vor allem auf der Straße, da die bisherigen Anbindungen von weit geringeren Passagierzahlen ausgingen: Ursprünglich sollte der BER mit 17 Millionen Passagieren starten, nun werden es mindestens doppelt so viele sein.

Das zumindest wird auf Bundesebene inzwischen als Problem gesehen. So besuchte vor ein paar Tagen der Verkehrsausschuss des Bundestages den BER. Wenn der BER in Betrieb sei, werde man den Flughafen sehr mögen, sagte der Vorsitzende Martin Burkert (SPD) danach, und: „Er ist leider zu klein, das wissen wir heute schon. Aber er wird ein Schmuckstück.“ Wenn der Regierungsflughafen in Schönefeld angesiedelt sei, könne es für den Autoverkehr „sicherlich problematisch“ werden, wenn Staatsgäste ins Regierungsviertel kommen müssten, warnte Burkert. Ob man dies möglicherweise mit Hubschraubern lösen könne, sei offen. Ähnlich hatte sich im Frühjahr bereits Flughafenchef Karsten Mühlenfeld geäußert. Er warnte damals, dass sich Bundespolitiker darauf einstellen müssten, mit der S-Bahn zum neuen Flughafen zu fahren, „weil man anders nicht hinkommt“. Nach dem Rundgang durch das Terminal, wo 73 Prozent der Arbeiten erledigt sind, geht Burkert als Chef des Bundestags-Verkehrsausschusses von einem Start des neuen Airports im Jahr 2018 aus. Mühlenfeld hält – trotz massiver Rückstände dagegen – weiter am Ziel einer Inbetriebnahme im November 2017 fest. Das sei möglich, wenn alles klappe, sagte Burkert. „Aber wir wissen aus der Vergangenheit, dass es beim BER immer Schwierigkeiten gegeben hat.“

Zunächst einmal sollen im November die Verträge für das Interimsterminal besiegelt werden, für die nächste BER-Millionenverschwendung. (mit dpa)

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