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Die CDU stellte 68 Fragen zum Thema „Einsamkeit im Land Brandenburg" an die Landesregierung.

© Julian Stratenschulte/dpa

Einsamkeit im Land: Zunehmend mehr Brandenburger leben alleine

Vor allem viele ältere Brandenburger leben alleine. Jedes dritte Kind wächst ohne Geschwister aufWie kann das Land den damit verbundenen sozialen Herausforderungen begegnen?

Potsdam - Es gibt Menschen, die leben in einer Familie und fühlen sich trotzdem alleine. Dann gibt es diejenigen, die alleine leben und sich trotzdem nicht isoliert fühlen. Einsamkeit – was ist das eigentlich? Mit dieser fast schon philosophischen Frage beschäftigte sich am Donnerstag der Potsdamer Landtag. 

Anlass war eine Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema „Einsamkeit im Land Brandenburg“, die 68 Fragen zu allen Altersstufen von der Kindheit bis zum Alter umfasst. Entsprechend umfangreich ist das Datenmaterial, das die rot-roten Landesregierung in ihrer Antwort zur Verfügung stellt – und damit ein statistisch recht umfassendes Bild der Lebenssituation im Land liefert.

Jedes dritte Brandenburger Kind ist ein Einzelkind

Die Zeit der Großfamilien, die über Generationen hinweg an einem Ort zusammenleben und sich gegenseitig unterstützen ist, ist auch in Brandenburg längst vorbei. Fast jedes dritte Kind in der Mark wächst ohne Bruder oder Schwester auf, wie das Sozialministerium in der Antwort auf die CDU-Anfrage erklärt. 

Die meisten Einzelkinder gibt es in den Regionen Oderland-Spree, Uckermark-Barnim und Lausitz-Spreewald. In der Region Havelland-Fläming ist der Anteil der Kinder ohne Geschwister mit 29,2 Prozent am Geringsten. Besonders hoch ist der Anteil der Einzelkinder bei alleinerziehenden Eltern. Landesweit leben 77.300 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit nur einem Elternteil zusammen – von ihnen hat gut die Hälfte keine Geschwister.

Immer weniger Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

Die Kompensationsmöglichkeiten sind begrenzt: Angebote, sich außerhalb der Familie und der Schule mit anderen Gleichaltrigen treffen, werden immer rarer. Seit 2008 habe der Anteil der selbstverwalteten Jugendräume um etwa 30 Prozent abgenommen, erklärt die Landesregierung. Gemeinden und Ämter hätten Jugendfreizeiteinrichtungen auch deshalb aufgegeben, weil die Jugendarbeit an Schulen konzentriert worden sei. „Mit Blick auf die Jugendarbeit im ländlichen Raum ist in den vergangenen Jahren deutlich geworden, dass es notwendig ist, dieses Handlungsfeld wieder stärker in den Blick zu nehmen“, räumt Rot-Rot ein.

Auch im Erwachsenenalter bleiben viele alleine: Die Zahl der Single-Haushalte lag in Brandenburg 2017 bei 480.400. Das bedeutet, dass in vier von zehn Brandenburger Haushalten Menschen alleine leben. Besonders im Alter, wenn der Partner gestorben ist und die Kinder oder Enkel nicht mit im Haus leben, ist die Zahl der Alleinlebenden hoch. Etwas mehr als die Hälfte der Brandenburger über 85 Jahren wohnt für sich, bei den 75- bis 85-Jährigen sind es 33 Prozent und bei den 65- bis 75-Jährigen 23 Prozent.

Landesregierung soll soziale Kontakte ermöglichen

„Nicht jeder, der alleine lebt, ist auch einsam“, erklärte die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Roswitha Schier, in der Landtagsdebatte. Aber der Blick müsse sich auf jene richten, die durch Einsamkeit gefährdet seien. Die Landesregierung müsse den Menschen durch Förderung von Freizeit- und Kulturangeboten sowie den Ausbau des Nahverkehrs soziale Kontakte ermöglichen.

Ein Entschließungsantrag der CDU, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, Vereine und Verbände etwa durch die Einrichtung von Runden Tischen gegen Einsamkeit zur Zusammenarbeit zu bewegen, wurde mit der Mehrheit der rot-roten Koalitionsfraktionen abgelehnt. „Wir brauchen keinen neuen Runden Tisch“, betonte die SPD-Sozialpolitikerin Sylvia Lehmann. 

Gleichwohl müssten sich Politik und Gesellschaft um die Probleme kümmern – das werde bereits getan. Gerade die Urbanisierung und auch die sozialen Medien könnten zur Vereinsamung führen, so Lehmann. „Denn noch so viele Facebook-Freunde können echte Freunde nicht ersetzen.“ Das müsse man, gerade was Kinder und Jugendliche angehe, im Blick haben.

Karawanskij: „Einsamkeit und Isolation können auf Dauer krank machen“

Sie sei der CDU dankbar, dass sie das für eine Landtagsdebatte ungewöhnliche Thema „Einsamkeit“ aufs Tapet gebracht habe, sagte Sozialministerin Susanna Karawanskij (Linke). 

Brandenburgs Sozialministerin Susanna Karawanskij (Die Linke).
Brandenburgs Sozialministerin Susanna Karawanskij (Die Linke).

© R. Hirschberger/dpa

„Einsamkeit und Isolation können auf Dauer krank machen“. Die Ursachen für Einsamkeit seien aber komplex. Wirkungsvolles Instrument, um Menschen jeden Alters zusammenzubringen, sind ihrer Ansicht nach Mehrgenerationenhäuser, die vom Land gefördert würden. 

36 solcher Wohngemeinschaften mit Menschen verschiedenen Alters gibt es derzeit in Brandenburg. Karawanskijs Vorstellung: Die Häuser sollten zu Familienzentren ausgebaut werden, um Betroffene auch beraten zu können. Zum Beispiel zur Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets für finanzschwache Familien.

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