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Mit diesem NS-verherrlichenden Trikot besuchte ein Cottbuser Fan ein Heimspiel des Lausitzer Fußballklubs.

© privat

Cottbus-Trikot verherrlicht den Nationalsozialismus: Polizei ermittelt gegen Energie-Fan

Wegen eines möglicherweise strafbaren Trikots ermittelt die Brandenburger Polizei gegen einen Fan des Fußballvereins Energie Cottbus. Auf diesem war eine versteckte Nazi-Parole zu lesen.

Cottbus/Potsdam - Die Brandenburger Polizei ermittelt gegen einen Fan, der im Cottbuser Fußballstadion ein Trikot getragen hat, das den Nationalsozialismus verherrlicht. Das sagte ein Behördensprecher auf PNN-Anfrage. Der Grund: Auf dem offiziellen Energie-Cottbus-Trikot des Fans ist als Spielername „Siegheilson“ aufgedruckt – offenbar eine Anspielung auf die bekannte NS-Parole. Zuvor hatte ein Foto mit dem Trikot in den sozialen Netzwerken für große Aufmerksamkeit gesorgt, nachdem die PNN es veröffentlicht hatten. 

Ein Leser hatte das Bild dieser Zeitung zugeschickt. Unbestätigten Zeugenangaben gegenüber dieser Zeitung zufolge wurde das Bild im Rahmen des DFB-Pokal-Spiels von Energie Cottbus gegen den SC Freiburg am Montag aufgenommen. Fakt ist: Auf jeden Fall wurde das Foto bei einem der letzten Heimspiele aufgenommen. Denn der Fan trägt das neue Heimtrikot von Energie, das erst Ende Juni vorgestellt wurde. Die Ermittlungen der Polizei zu dem erneuten Fall von rechtsextremistischen Umtrieben in der Cottbuser Fanszene jedenfalls stehen noch ganz am Anfang. Um den Träger des Trikots ausfindig zu machen, würden derzeit die Videoaufzeichnungen des Spiels gesichtet und Zeugen gehört, sagte ein Polizeisprecher. 

Keine Bestellung mit der Aufschrift bei Energie-Shops

Bei einem Energie-Fanshop ist der rechtsextremistische Aufdruck aber offenbar nicht in Auftrag gegeben worden. Vereinssprecher Stefan Scharfenberg-Hecht sagte auf PNN-Anfrage: „Eine Prüfung aller in unseren Stadionfanshops und im Onlineshop veranlassten Bestellungen seit dem Trikotrelease am 29. Juni hat ergeben, dass definitiv keine Bestellung mit der Aufschrift ,Siegheilson’ bei uns eingegangen ist.“ Die Schriftart sei öffentlich zugänglich und könnte so anderweitig aufgebracht worden sein, sagte der Sprecher. Allerdings gehe der Verein davon aus, dass „sowohl das Trikot als auch die Rückennummer aus unserem Teamwear-Angebot stammen“.

Grundsätzlich werde auch jede Bestellung im Haus geprüft. Eindeutig rechtsextreme Aufdrucke – etwa mit der Nummer 88, die in der Szene für „Heil Hitler“ steht – würden so schon im Vorhinein aussortiert. Auch die Aufschrift „Siegheilson“ hätte diese Prüfung nicht passiert, sagte der Sprecher. 

Verein kündigt Stadionverbot an

Und: Sollte der Fan ausfindig gemacht werden, droht ihm eine harte Strafe. Vereinssprecher Scharfenberg-Hecht: „Wir hoffen sehr, dass die Person ermittelt wird, damit wir als FC Energie Cottbus handeln können. Ein Stadionverbot mit der jeweiligen Maximaldauer von drei Jahre würde in diesem Fall umgehend ausgesprochen werden.“ Außerdem wies der Vereinssprecher darauf hin, dass der Verein sofort gehandelt hätte, wäre er schon am Spieltag auf den Vorfall aufmerksam gemacht worden. „Wir als Verein bedauern die Tatsache, dass augenscheinlich mehrere Stadionbesucher die besagte Person gesehen und fotografisch festgehalten haben, jedoch nicht den Ordnungsdienst, die Polizei oder uns als Veranstalter informiert haben.“ 

Dass der Fan überhaupt ins Stadion gelangt ist, liegt laut dem Vereinssprecher vor allem an dem ungewöhnlichen Ort der Botschaft. „Dass bei einem Heimspiel mit über 15 000 Zuschauern, der jeweilige Rückenflock auf einem Trikot in die Personenkontrolle einfließt, ist unwahrscheinlich und keine gängige Praxis.“Die eingesetzten Ordner seien grundsätzlich angewiesen, Fanutensilien auf verbotene Gegenstände oder Schriften zu prüfen. So seien etwa nach der Stadionordnung bestimmte Kleidungsmarken verboten, die bei Rechtsextremisten beliebt sind – etwa „Thor Steinar“, „Consdaple“ oder „Masterrace“. 

Es ist nicht der erste Neonazi-Vorfall bei Energie Cottbus

Es ist bei Weitem nicht der erste Vorfall mit rechtsextremen Fans bei Energie Cottbus. Erst Ende Mai hatten sich im Rahmen der Aufstiegsfeierlichkeiten mutmaßliche Cottbuser Anhänger mit Ku-Klux-Klan-Masken vermummt und dazu ein Banner mit der Aufschrift „Aufstieg des Bösen“ gezeigt – den gleichen Namen trägt eine bekannte Filmbiografie über Adolf Hitler. Das hatte dem Verein bundesweit Negativ-Schlagzeilen eingebracht. Negativ aufgefallen waren im Rahmen der Aufstiegsfeier aber auch die Cottbuser Mannschaft und ihr Trainer Claus-Dieter Wollitz. Sie sangen „Trainer, du Zigeuner“ beziehungsweise „Spieler, ihr Zigeuner“. Im Nachhinein hatte Wollitz sich für diesen „Fauxpas“ entschuldigt und der „Lausitzer Rundschau“ gesagt: „Wir haben uns damit gegenseitig auf den Arm genommen. Aber in der Öffentlichkeit hat so ein Gesang nichts zu suchen. Wie gesagt – dafür möchte ich mich entschuldigen.“

Auch die Sicherheitsbehörden haben die Cottbuser Fanszene fest im Blick. Denn: Gemeinsame Recherchen von PNN und rbb hatten im Mai 2017 publik gemacht, dass die rechtsextremistische Gruppe „Inferno Cottbus“ ein kriminelles Netzwerk aufgebaut hat. Mit Gewalt und Bedrohungen versuchten die Rechtsextremen, sich die Cottbuser Fanszene Untertan zu machen. Es ging um die Vormachtstellung in der Kurve. Nur einen Tag nach den Berichten hatte sich die Gruppe dann offiziell aufgelöst. So wollten die Neonazis offenbar einem Verbot zuvorkommen. 

Der Jahresbericht 2017 des brandenburgischen Verfassungsschutzes zeigte dann aber: Auch nach der vorgeblichen Auflösung war die Gruppe weiter aktiv. Demnach haben im Oktober des vergangenen Jahres mehrere „Inferno“-Hooligans an einem „konspirativ vorbereiteten“ Neonazi-Kampfsportturnier teilgenommen. Als einen weiteren Hinweis auf fortgeführte Aktivitäten stuft der Verfassungsschutz ein, dass eine große Gruppe Inferno-Mitglieder am 1. Juli 2017 zum „Rock nach Deutschland“ nach Gera (Thüringen) gereist ist. Dafür hatten sie nach Erkenntnissen des Nachrichtendienstes zusammen mit anderen Rechtsextremisten aus der Region Cottbus extra mehrere Reisebusse organisiert. In Gera hat an diesem Tag die Cottbuser Neonazi-Band „Frontalkraft“ ein Konzert gegeben, ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Insgesamt konstatierte der Verfassungsschutz: „Es darf davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Auflösung nur um ein Lippenbekenntnis handelt.“ 

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