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Wegen der Coronakrise hat Brandenburg den regulären Unterricht vorerst bis zum Ende der Osterferien ausgesetzt. 

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Coronakrise in Brandenburg: Linke und GEW fordern Entscheidung zu Abiturprüfungen

Seit einer Woche ist der Unterricht in Brandenburg wegen der Coronakrise ausgesetzt.  Das Lernen zu Hause funktioniert bislang, sagt der Landeselternrat. Doch wie geht es mit den anstehenden Abiturprüfungen in Brandenburg weiter? 

Potsdam - Gedichtvortrag am Telefon, Austausch via Klassenchat und Hausaufgabenabgabe per Mail an den Lehrer. Seit einer Woche sind auch in Brandenburg die Schulen wegen der Coronakrise vorerst bis 19. April geschlossen. Verlängerte Osterferien bedeutet das für die Schüler nicht. Lernen zu Hause ist nun gefragt. Kann das gut gehen?

„Nach einer Woche haben wir den Eindruck: Das läuft ganz gut“, sagt Landeselternsprecher René Mertens, dessen Töchter die 6. und 9. Klasse eines Gymnasiums in Bad Belzig besuchen. Der Landeselternrat ruft auf seiner Homepage dazu auf, zu melden, was gut klappe und wo es Probleme gebe. „Die wenigen Rückmeldungen sind positiv“, so Mertens, „wir haben bislang keine Kenntnis davon, dass irgendwo die Säge richtig klemmt.“ Die Lehrer seien in der Krise sehr engagiert und kreativ, sagt der Vater. Vor allem diejenigen, deren Schule digital nicht gut ausgestattet sei, müssten sich etwas einfallen lassen – wie etwa den Gedichtvortrag via Telefon. „Das ist Schule, nur anders“, sagt Mertens.

Unterschiedliche Voraussetzungen in den Elternhäusern

Für die Eltern sei die Beschulung zu Hause – oft neben der Arbeit im Homeoffice – ebenfalls eine große Herausforderung. Hier könne er nur raten: Gemeinsam mit den Kindern einen Stundenplan aufstellen und den Tag möglichst analog zu den normalen Unterrichtszeiten zu strukturieren. Für zwei, drei Wochen sei die Zeit ohne Unterricht in den Schulen durchaus überbrückbar. „Wenn die Schulschließungen länger dauern sollten, sieht die Situation natürlich anders aus.“ Zumal die Voraussetzungen in den Familien sehr unterschiedlich seien. „Wer vorher bildungsfern war, ist es auch jetzt“, so Mertens.

So sieht es auch der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs. Die Lehrer gingen sehr verantwortungsvoll mit der Situation um und hätten die zwei Tage Vorlauf vor den Schulschließungen genutzt, um mit ihren Schülern Absprachen zu treffen. Im zweiten Schritt müsse man nun auf die Zeit nach dem Ausnahmezustand schauen – und dafür Sorge tragen, dass Unterschiede innerhalb der Schülerschaft dann auch wieder ausgeglichen werden. Nicht nur die Schulen selbst seien technisch unterschiedlich ausgestattet. „Nicht in jedem Elternhaus gibt es Computer“, sagt Fuchs.

Dannenberg warnt vor zu viel Druck auf Kinder 

„Kein Schüler, egal welche Voraussetzungen er hat oder wo er wohnt, darf nach der Krise benachteiligt sein“, sagt auch die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Kathrin Dannenberg, die vor ihrem Gang in die Politik als Lehrerin gearbeitet hat. „In dieser Situation gilt es auch den Druck wegzunehmen, Kinder und Jugendliche nicht zu überfordern, sie nicht mit Mails zuzuschütten“, so Dannenberg. Die Botschaft müsse sein: „Es geht im Moment vordergründig nicht um Zensuren oder Abschlüsse. Der Unterrichtsstoff kann durchaus nachgeholt werden nach dieser Krise.“ Wichtiger sei es jetzt, dass die Lehrer und Erzieher Ängste nehmen und für die Probleme der Familien da sind.

Sie finde es vor diesem Hintergrund unhaltbar, dass das Bildungsministerium weiter glaube, dass die Abiturprüfungen zu den regulären Terminen stattfinden können und den Schulen die Wahlmöglichkeit lasse, ob sie den ersten oder den Nachholtermin für ihre Schüler ansetzen. „Wir brauchen hier keine Rumeierei. Da muss eine deutliche Aussage vom Ministerium kommen“, so Dannenberg. Nur mit klaren Aussagen könnten die Schüler auch ordentlich auf die Prüfungen vorbereitet werden. Zudem müsse Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) einen Plan vorlegen, wie es weitergehe, wenn die Schulen auch nach den Osterferien weiter geschlossen bleiben müssten. Dazu gehöre auch die Überlegung, ob die Sommerferien wie geplant angetreten werden können oder eine neue Ferienregelung gefunden werden muss.

GEW fordert zentrale Vorgaben für das Abitur 

Auch GEW-Chef Fuchs befürwortet zentrale Vorgaben, was die Abiturprüfungen angeht. „Das gibt den Schulen Sicherheit und sorgt für Chancengleichheit“, sagt er. Stand Dienstag gab es dazu in Brandenburg noch keine Entscheidung. „Sofern aus Sicht der Schulleitung die Vorbereitung auf die Abiturprüfungen für Schülerinnen und Schüler eingeschränkt war, kann sie entscheiden, ob sie den Haupt- oder Nachschreibetermin als ersten Termin für die Abiturprüfungen nutzen will“ – so steht es auf der Homepage des Ministeriums. Noch. Nicht alle Schulleiter hätten sich bereits zurückgemeldet, sagt Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld. Die Tendenz sei aber bislang, an den Hauptterminen im April festzuhalten.

Doch schon am Mittwoch kann sich ein ganz anderer Stand ergeben: Die Kultusminister der Länder beraten über das Abitur – nachdem einige Bundesländer vorgeprescht sind. Die Berliner Bildungsverwaltung hat am Wochenende entschieden, das Abitur auf einen späteren Termin zu verschieben. Schleswig-Holstein plant eine Absage aller Schulabschluss-Prüfungen einschließlich des Abiturs in diesem Schuljahr. Die Schüler im Norden sollen zum Ende des Schuljahrs stattdessen Abschlusszeugnisse auf Basis bisheriger Noten erhalten, während Hessen und und Rheinland-Pfalz am gestrigen Dienstag wie geplant Abiturprüfungen schreiben ließen.

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) will sich dem Vernehmen nach für einen einheitliche Kurs der Länder einsetzen. Wie der nach dem jetzt schon vorhandenen Durcheinander aussehen könnte, ist unklar.

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