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Im Funkloch. Richard Soltau von der Firma Golem Baukeramik.

© Patrick Pleul/dpa

Breitbandausbau: Brandenburgs Netzschwäche

Man sieht nichts auf dem PC: Daten werden nicht geladen. Da heißt es nur abwarten. Zeit wird vertrödelt. Privatleute ärgern sich über lahmes Internet. Firmen kostet das richtig Geld.

Jacobsdorf/Cottbus/Potsdam - Richard Soltau, Mitglied der Geschäftsführung von Golem Baukeramik, stellt sich während des Telefonats mit dem Handy sicherheitshalber ans Fenster. „Ich hoffe, dass dann die Verbindung hält“, sagt er. Jacobsdorf (Märkisch-Oderland) liegt rund 80 Kilometer von Berlin entfernt – also nicht im Nirgendwo, jedoch offenbar in einer digitalen Wüste.

Mitte 2018 verfügten lediglich 70 Prozent der Haushalte in Brandenburg über schnelles Internet mit 50 Megabit pro Sekunde. Nur 42 Prozent können 100 Megabit pro Sekunde nutzen. Mit einem Förderprogramm unterstützte das Wirtschaftsministerium den Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur in fünf Planungsregionen mit 57 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Investitionen von insgesamt 100 Millionen Euro wurden damit angeschoben. Zudem sollen an fast 1200 Orten in Brandenburg öffentliche Internetzugangspunkte, sogenannte WLAN-Hotspots, stehen.

Bis 2025 soll es keine "weißen Flecken" mehr geben

Knapp 4600 Mal ist in Berlin und Brandenburg Bedarf an schnellem Internet gemeldet worden, so die Daten aus dem regionalen Breitbandatlas. Die neue Koalitionsregierung von SPD mit CDU und Grünen will nun laut Koalitionsvertrag eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser-Infrastruktur bis 2025 im Land erreichen. Die Erschließung von regional bedeutsamen Gewerbestandorten soll dabei vorrangig bis spätestens zum Ende der Legislaturperiode erfolgen. Es soll weder „weiße Flecken“ ohne schnelles Internet, noch „graue Flecken“ mit Internet ohne Glasfaseranschluss mehr geben.

„Niemand will zu den Schlusslichtern gehören – aber genau dort ist Brandenburg heute beim Breitbandausbau angekommen“, sagt Peter Heydenbluth, Präsident der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Das stelle den Mittelstand vor immense Herausforderungen. Eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet müsse höchste Priorität haben, betont er.

Selbst in der Landeshauptstadt gibt es Probleme mit der Internetversorgung

„Leistungsfähige digitale Infrastrukturen entscheiden über die Zukunftssicherheit vieler Unternehmen“, ergänzt Peter Kopf, Präsident der Industrie- und Handelskammer Cottbus. Der Breitbandausbau müsse politische Priorität haben. Förderanträge seien gestellt und zum Teil auch bewilligt worden. Jetzt geht es um schnelle Projektumsetzung und direkte Hilfe für die Unternehmen.

Das Unternehmen Cadimension sitzt in der Landeshauptstadt Potsdam, wo auch die Landesregierung mit seinen Ministerien zu finden ist. Dort sollte es eigentlich keine Probleme mit der Internetversorgung geben. Doch in der Praxis sehe es anders aus, sagt Geschäftsführerin Nadine Rossow. „Wir verfügen zwar über einen schnellen Kabelanschluss eines Anbieters von 400 MBit, der fällt aber regelmäßig aus“, sagt sie. Der eines anderen sei zwar stabil, aber deutlich langsamer. Um die Situation erträglicher zu machen, seien mehrere Telefonanschlüsse bei verschiedenen Anbietern angemietet worden, was jedoch Kosten verursache.

Das Übertragen von großen Datenmengen kann eine ganze Nacht dauern

In der Firma von Guido Zerbe, Geschäftsführer von Zerbe Tiefbau aus Brück (Potsdam-Mittelmark), läuft abends die Übertragung von Bauplänen und Abrechnungen an die Kunden an. „Das dauert dann ewig“, sagt er. „Die Kunden reagieren irritiert“, umschreibt Zerbe höflich Bemerkungen, die er erhält.

Auch bei Golem, dem Hersteller von europaweit in der Denkmalpflege gefragten Jugendstilfliesen, dauert es oft die ganze Nacht, wenn digitale professionelle Aufnahmen mit großer Datenmenge an Kunden gehen sollen.

Und welche Alternativen gibt es für die Firmen? Cadimension in Potsdam hat mehrere Telefonanschlüsse bei verschiedenen Anbietern angemietet, um die Situation erträglicher zu machen. Golem in Jacobsdorf muss mit der Situation leben und Daten notfalls von Berlin aus übertragen: Der Standort ist gewachsen, und die tonnenschweren Maschinen können nicht einfach auf einen Laster geladen werden und umziehen.  

Gudrun Janicke dpa

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