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Brandenburg: Brandenburgische Neonazis kopieren Rockerclubs

Rechtsextrem im Rocker-Lifestyle: Ehemalige Neonazis tummeln sich gerne in Motorradgangs – und rechtsextremistische Bruderschaften kopieren das Verhalten einschläger Bikerclubs.

Potsdam - Sie sind Auffangbecken für in die Jahre gekommene Rechtsextremisten: Manche Motorrad-Rockerclubs in Brandenburg weisen eine erhöhte Anzahl an Mitgliedern auf, die vormals in der rechtsextremistischen Szene aktiv waren. „Zumeist handelt es sich hierbei um Personen, die auf Grund ihres Alters der rechtsextzremistischen Szene entwachsen sind“, teilt das Innenministerium in einer aktuellen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher mit.

Neonazis passen meist nicht zu Rockerclubs

Eine „nachhaltige Positionierung“ von Rockern durch Rechtsextremisten sei in Brandenburg bislang jeddoch nicht erkannbar. „Der weltanschauliche Unterschied zwischen Rockern und Rechtsextremisten ist erheblich“, schreibt das Ministerium. Gerade kriminelle Rockerclans seien multinational organisiert. Rassistische Abstammungsphantasien spielten deshalb bei Rockern für gewöhnlich keine Rolle. Gegenwärtig sei in Brandenburg kein Rockclub in Gänze als rechtsextremistisch einzuschätzen.

Aber: Die oft martialische Rockerattitüde ist bei Neonazis offenbar beliebt. Nach Angaben des Innenministeriums existierten in Brandenburg sieben rechtsextremistische Bruderschaften, „die den klassischen Rocker-Lifestyle nachahmen“. Das äußere sich beispielsweise darin, dass Mitglieder bei Szeneveranstaltungen Lederkutten mit entsprechenden Symbolen und Schriftzügen tragen. Häufig würden auch die hierachischen Strukturen der Rocker-Clubs übernommen. So unterscheiden einige rechtextremistische Bruderschaften ihre Sympathisanten nach „Prospects“ (Anwärter) und „Fullmember“ (Vollmitglieder) – eine Einteilung, wie sie für Rockerclubs typisch ist. Neben Strukturen werden auch Rituale, Sprachcodes, Symbole und das Outfit kopiert, heißt es im Verfassungsschutzbericht des Landes für 2017.

Personelle Schnittmengen oder strukturelle Berühungspunkte zwischen Rockerclubs und Neonazi-Bruderschaften seien bislang jedoch nicht erkennbar, so das Ministerium. Es bestünden jedoch vereinzelte Verbinungen, vor allem in Cottbus, Spremberg und Frankfurt (Oder). Soll heißen: Man kennt sich. In den vergangenen beiden Jahren sei aber kein Angehöriger polizeilich relevanter Rockerverbindungen mit rechtsextremistischen Straftaten in Erscheinung getreten.

Engel sind die Mitglieder von Hells Angels und anderen Gruppierungen aber nicht. Im Jahr 2017 wurde 43 Fälle von (räuberischer) Erpressung aus dem Rockerumfeld registriert, zudem 42 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, 15 Körperverletzungen und je neun Fälle von Bedrohung und Beleidigung. Zudem weisen Rockergruppierungen zum Teil eine Nähe zur Organisierten Kriminalität auf, wie das Innenministerium deutlich macht. In den vergangenen Jahren drei Jahren seien vom Landespolizeipräsidium gemeinsam mit der Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) sechs Verfahren wegen Organisierter Kriminaltiät gegen Angehörige von Rockerclubs geführt worden. Meistens sei es dabei um Rauschdelikte sowie Gewaltkriminalität einschließlich Schutzgelderpressung gegangen.

Eingedämmte Rockerkriminalität

Im Land sind aktuell drei große Hauptclubs aktiv: Hells Angels MC in Cottbus, Bandidos MC in Lauchhammer (Obersprrewald-Lausitz) und Perleberg (Prignitz) sowie Gremium MC in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland), Frankfurt (Oder) und Spremberg (Spree-Neiße). Hinzu kommen Unterstützergruppen. In der Vergangenheit hatte es immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Gangs gegeben, unter anderem Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) war ein umkämpftes Pflaster.

Polizeilicher und juristischer Verfolgungsdruck der Behörden in Brandenburg sowie mehrere Verbotsverfahren des Bundesinnenministeriums hätten dazu geführt, die Rockerkriminaltität zumindest etwas einzudämmen. Ein Erstarken der Szene in Brandenburg sei nicht zu beobachten, erklärt das Innenministerium in Potsdam. Wirkung habe auch das seit 2014 geltenden Insignienverbot für einige Club-Symbole entfaltet. Die meisten Rocker hielten sich daran, Kennzeichen ihres Clubs nicht mehr in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Machtdemonstrationen auf offener Straße unterblieben, so dass in der Bevölkerung deutlich weniger Verunsicherung erzeugt werde, so das Ministerium. Das Kuttenverbot hat aber auch einen Nachteil: Die Polizei kann relevante Rocker nicht mehr auf den ersten Blick erkennen. Der „sicherheitspolitische Nutzen“ des Verbots überwiege aber, betont das Ressort von Karl-Heinz Schröter (SPD).

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