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Brandenburg: Kreisreform: Anhörungsmarathon im Landtag

Seit September predigen die Koalitionäre zwar, es gehe um ein Paket aus einem Guss; da werden Pläne für den Ausbau der Bahnlinien angeschoben, die Digitalisierung ist in aller Munde, der Landesentwicklungsplan wird überarbeitet. Doch die Fronten sind längst gezogen.

Potsdam - Die Stadtverordneten in den kreisfreien Städten sind dagegen, die Kreistage auch, überall, selbst mit den Stimmen von SPD und Linken. Beim am Montag startenden Anhörungsmarathon im Innenausschuss des Landtags Brandenburg wird die rot-rote Koalition mit ihren Kreisreformplänen auf breite Ablehnung stoßen. Alle 14 Landräte und vier Oberbürgermeister sind angekündigt, die sich gegen die Pläne, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel einzukreisen, von 14 nur noch elf Kreise übrig zu lassen, aussprechen.

Seit September predigen die Koalitionäre zwar, es gehe um ein Paket aus einem Guss; da werden Pläne für den Ausbau der Bahnlinien angeschoben, die Digitalisierung ist in aller Munde, der Landesentwicklungsplan wird überarbeitet. Doch die Fronten sind längst gezogen. Und selbst in der Koalition ist klar, Mobilität und Digitales hätten längst angepackt werden müssen – vor der Reform, gegen die parallel auch noch ein Volksbegehren läuft.

Zentrales Reformziel: Stärkung der Kommunen

Der Landkreistag hat das alles ausführlich dargestellt in seiner Stellungnahme für die Anhörung. Auf 30 Seiten zerpflückt Verbandsgeschäftsführer Paul-Peter Humpert die Reformpläne. Gewiss, der Landkreistag vertritt Interessen. Und doch wird in dem Papier eines deutlich: Hier wird vorgebaut für eine Verfassungsklage, weil rot-rote Gesetze allzu sehr vom Leitbild des Landtags abweichen, weil frühere Annahmen fragwürdig geworden sind, Details ungeklärt blieben.

Die Kreisreform sei ein „schwerwiegender und tiefgreifender Eingriff in den Bestand und die Struktur der von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie geschützten Landkreise“, heißt es in der Stellungnahme. Die Landkreise seien bereits gut aufgestellt. Der für die Verwaltungsstrukturreform vorgesehene, umfassende Ansatz einer Funktionalreform – nämlich Aufgaben vom Land auf die Kreise, von den Kreisen auf die Städte und Gemeinden zu verlagern – sei nicht erfüllt. In den Gesetzesentwürfen sei „die Funktionalreform auf ein Schrumpfmodell reduziert“ worden, das die Vorgaben des Leitbildes „unbeachtet lässt“. Eine Kreisreform sei damit nicht zu rechtfertigen. Die wenigen Aufgaben, die jetzt noch auf die Landkreise übergehen sollen, 400 Stellen, die meisten von der Forst, wenige Schulpsychologen, würden die Kreisreform nicht rechtfertigen. Wenn das zentrale Reformziel, die Stärkung der kommunalen Ebenen, aber gar nicht erreicht werde, bestünden „grundsätzliche Zweifel“. Übrigens auch bei der Finanzlücke im Landeshaushalt ab 2020, die in den Planungen immer kleiner werde, oder beim demografischen Wandel, der zentralen Begründung für die Reform.

Alternative zu harten Einschnitten?

Der Landkreistag verweist darauf, dass in den Prognosen der Einwohnerschwund immer weiter zurückgehe, die Prognosen selbst auf den Prüfstand gehörten. Zudem vermisst der Verband Prüfungen, ob der vom Wachstumshotspot Berlin ausgehende „Suburbanisierungsdruck“ über die Speckgürtel hinaus in berlinfernere Gebiete gelenkt werden könne. Dabei spielt Humbert auf übervolle Pendlerzüge an. Juristisch geht es um die Frage, ob nicht mildere politische Maßnahmen einer mit harten Eingriffen verbundenen Kreisreform vorzuziehen sind. Und schließlich habe das Land noch nicht einmal die konkreten finanziellen Effekte der Reform benannt, begründe sie aber mit geplanten Landesausgaben und Deckungslücken, wofür die Landkreise nun als Manövriermasse herhalten müssten. Und das verstoße gegen die Landesverfassung.

Humberts Liste ist noch länger und wirft die Frage auf, wie Rot-Rot das alles auffangen und heilen will bis zur Verabschiedung der Gesetze im November. Die Linke sagt es angesichts der SPD-internen Kritik schon jetzt: Sie werden nicht die Letzten sein, die die Reformfahne im Sturm hochhalten. 

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