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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident in Brandenburg, beim Jahresgespräch der Landespressekonferenz in Potsdam. 

© Ralf Hirschberger/dpa

Bilanz 2018 und Landtagswahl: Woidke will die Stimmung in Brandenburg drehen

Kriminelle Flüchtlinge sollen das Land verlassen müssen, fordert Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) jetzt. Doch wie will er ein weiteres Erstarken der AfD und eine Abwahl der rot-roten Koalition verhindern?

Potsdam - Vielleicht wird das nächste Mal schon ein anderer auf seinem Platz sitzen, dann drei Monate nach der Landtagswahl 2019 in Brandenburg, deren Ausgang ja als völlig unberechenbar gilt: Doch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gab sich kämpferisch-cool, überhaupt nicht sorgenvoll, als er am Montagmorgen hoch über den Dächern Potsdams - 17. Etage, Hotel "Mercure" - beim traditionellen Jahresendgespräch der Landespressekonferenz Rede und Antwort stand, inzwischen zum fünften Mal seit seinem Amtsantritt 2013. Und vor allem eine Ankündigung Woidkes dürfte bei den Linken nicht unbedingt Freude auslösen. 

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Woidke: "Wer sich nicht an die Regeln hält, muss das Land verlassen"

Denn Brandenburgs SPD-Ministerpräsident, der ein rot-rotes Regierungsbündnis anführt, sprach sich dafür aus, als Intensivstraftäter auffällige Flüchtlinge abzuschieben. "Wer sich nicht an die Regeln hält, der muss das Land verlassen, das ist sonnenklar", sagte er. Auf den Einwand, dass genau solche Vorstöße seines Innenministers Karl-Heinz Schröter (SPD) bislang regelmäßig am Veto der Linken in der Koalition scheiterten, antwortete Woidke: Er wisse, dass Teile des Koalitionspartners das anders sehen. 

"Ich empfehle da eine Reise nach Frankfurt (Oder) und ein Gespräch mit dem dortigen Oberbürgermeister." Das neue Stadtoberhaupt René Wilke (Linke) hat, wie berichtet, Ausweisungsverfahren gegen einige kriminelle Flüchtlinge einleiten lassen. Das seien allenfalls zwei Prozent unter denen, die ins Land gekommen sind, erklärte Woidke. "Aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie die Stimmung kaputt machen." Dass die Stimmung auch in Brandenburg schwierig ist, hat nach Einschätzung Woidkes auch mit dem Management der Flüchtlingskrise zu tun. "Politik hat es nicht vermocht, deutlich zu vermitteln,dass dieser Staat weiter funktioniert und sich alle Menschen an die gleichen Regeln zu halten haben." 

"Erst das Land, dann die Partei"

Gleichwohl sei es nicht "exklusiv" für das Land, dass die AfD so stark geworden ist, "das hat weniger mit der Landespolitik, aber viel mehr mit der Bundespolitik zu tun", sagte Woidke. Da halte er auch nach dem jüngsten Wechsel an der CDU-Bundesspitze nichts von vorgezogenen Neuwahlen ("Es käme ungefähr das gleiche Ergebnis raus wie jetzt") oder auch Forderungen aus seiner Partei, die Koalition mit der CDU zu verlassen. "Es gilt: Erst das Land, dann die Partei", sagte Woidke. Das müsse der Kompass sein. "Vorgezogene Neuwahlen wären nicht gut für unser Land. Deutschland hat bislang davon profitiert, dass es stabile politische Verhältnisse gibt.  

Keine Koalitionsaussage für die SPD

Er zeigte sich optimistisch, dass es bis trotz Bundestrend bis Herbst 2019 gelingen könne, in Brandenburg die Stimmung zu drehen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir ein sehr gutes Ergebnis haben werden." Denn  "Umfragen sind Umfragen. Und Wahlen sind Wahlen". Er setze darauf, dass bei der Landtagswahl die demokratischen Parteien dominieren, und die Rechtspopulisten schlecht abschneiden. Er bleibe für die SPD dabei, keine Koalitionsaussage vorher zu treffen. 

Wie geht es weiter mit dem Verfassungsschutz?

Aber erst einmal muss der rot-rote Koalitionsausschuss im Januar 2019 entscheiden, wie es mit dem Verfassungsschutz weitergehen soll, der trotz wachsender Terrorgefahr den niedrigsten Personalbestand in seiner Geschichte hat. In den Jahresendgesprächen 2016 - nach dem Anschlag am Breitscheidplatz - und auch 2018 hatte Woidke sich bereits für eine Aufstockung ausgesprochen, die seitdem ausblieb - wegen des Vetos der Linken. Es gebe ja auch noch den Staatsschutz, die Polizei, man sei insgesamt gut aufgestellt, lautete diesmal seine Antwort. 

"Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir eine bessere Ausstattung des Verfassungsschutzes brauchen", sagte Woidke. "Wir werden die Entscheidung zum Beginn des Jahres treffen." Und man werde in diesem Zusammenhang klären, welche Erkenntnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss in einer Novelle des Verfassungsschutzgesetzes gezogen werden müssten. Das Gremium hatte unter anderem festgestellt, dass Brandenburg bei der parlamentarischen Kontrolle seines Inlandgeheimdienstes inzwischen deutlich hinter anderen Bundesländern herhinkt. 

Woidke warnt vor überstürztem Braunkohle-Ausstieg

Woidke nutzte auch diese Gelegenheit, um vor einem überstürzten Ausstieg aus der Braunkohle zu warnen, und zwar nicht nur wegen der Folgen für die Region. "Wenn man diese Debatte ehrlich führt, dann gehört dazu die Aussage: Die Strompreise werden steigen." Das habe Folgen für energieintensive Branchen, mit nach Studien 300.000 Jobs in Deutschland. "Was passiert dann mit den Stahlwerken in Hennigsdorf, Brandenburg und Eisenhüttenstadt, mit PCK Schwedt, der BASF in Schwarzheide, den Brandenburger Papierfabriken?", sagte Woidke. "Es geht um viel mehr als um ein paar tausend Leute in Kraftwerken und Tagebauen. Es geht um die wirtschaftliche Basis in ganz Deutschland." Nötig seien Programme für den Strukturwandel in den Kohleregionen, aber auch generell für die neuen Länder, die nach wie vor an strukturellen Nachteilen litten. "Der Osten hat nach dem Krieg die Reparationen an die Sowjetunion allein bezahlt. Der Westen hatte den Marshallplan." Nötig sei ein Vorrang für Ostdeutschland, bei der Einführung neuer Technologie, um Rückstände zum Westen aufholen zu können. 

Ehe Woidke nach den anderthalb Stunden weiterdüste, zur Kohle-Kommission nach Berlin, war noch eine Frage im Raum: Welchen Fehler aus 2018 wolle er 2019 unbedingt vermeiden? Da gab es einige, antwortete der Regierungschef. "Aber die verrate ich nicht."  

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