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Courage gezeigt. Elf Abiturienten der Lenné-Gesamtschule kamen wegen der Panne beim Mathe-Abitur in den Landtag und stellten Bildungsminister Günter Baaske (SPD) zur Rede. Der zeigt sich nach einem persönlichen Gespräch zumindest nachdenklich.

© Bernd Settnik/dpa

Abiturpanne in Brandenburg: Nachschreibe-Termin für Mathe-Abi wird überprüft

Erst war die Mathe-Prüfung vermurkst. Jetzt gibt es obendrein Ärger bei den Ersatztests - wegen des Zeitplans bis zu Zeugnisvergabe und Abiball. Nun machten Abiturienten der Potsdamer Lenné-Schule bei Brandenburgs Bildungsminister Baaske Druck. Mit Erfolg.

Potsdam - Die Probleme bei den schriftlichen Abiturprüfungen in Mathematik in Brandenburg – das Topthema derzeit in den Familien und Schulen – schlagen weiter Wellen. Selbst der Versuch von Bildungsminister Günter Baaske (SPD), die Sache schnell zu klären und den Schülern faire Chancen einzuräumen, zieht neue Verwicklungen nach sich. Den erst Ende voriger Woche verkündeten Nachschreibetermin am 12. Juni will Baaske nun erneut prüfen. Der Grund: In der Zeit vom 23. bis 30. Juni werden Zeugnisse vergeben und Abi-Bälle gefeiert. Aber die Schulen halten den Zeitplan nicht für haltbar, Abiturienten sehen ihre Abschlussfeiern in Gefahr.

Probleme mit Mathe-Prüfungen an 60 Brandenburger Schulen

Sowohl Erst- wie auch Zweitkorrektoren benötigten mindestens drei Stunden für die Kontrolle einer Prüfung und das Erstellen eines Gutachtens, heißt es an den Schulen. Die Lehrer korrigierten „rund um die Uhr“ – dann müssten die Gesamtnoten erstellt, die Zeugnisse geschrieben werden, hieß es. Zugleich dürfte nach einer Anweisung des Ministeriums kein Unterricht in anderen Klassenstufen wegen der Prüfungen ausfallen. Notfalls sollen die Lehrer sogar mündliche Nachprüfungen für Wackelkandidaten auf den Samstag legen. Einzelne Schulen alarmierten in dieser Woche das Bildungsministerium.

Nach den Mathe-Prüfungen am 3. Mai hatten sich Lehrer, Eltern und Schüler beschwert, dass ein zentrales Prüfungsthema nicht im Unterricht behandelt worden sei. Das Ministerium hatte zunächst erklärt, dass Thema sei im Rahmenlehrplan genannt. Dennoch fragte es alle 137 staatlichen und freien Schulen ab. An 77 Gymnasien und Schulen mit gymnasialer Oberstufe sei, so die Rückmeldung, das Thema behandelt worden. An 60 Schulen aber wurde es gar nicht oder zum Teil im Unterricht besprochen.

Zeitplan für Zeugnisvergabe in Gefahr

Baaske entschied dann Ende vergangener Woche, dass 6000 Brandenburger Schüler nach den Pannen die Matheprüfung neu schreiben können – wenn sie wollen und wenn der Prüfungsausschuss der Schule auf Antrag zustimmt. Erste Eltern haben bereits Klagen angekündigt, falls ihre Kinder von den Nachprüfungen ausgeschlossen werden.

Als Termin für die neue Prüfung hatte Baaske den 12. Juni festgelegt. Der Tag war ohnehin für Nachprüfungen in Mathe geplant, für jene Schüler, die etwa wegen Krankheit am 3. Mai nicht teilnehmen konnten. Doch an den Schulen ist die Zahl der Nachprüflinge meist an einer Hand abzuzählen. Durch die Probleme mit den Aufgaben werden es nun deutlich mehr, wie an der Gesamtschule „Peter Joseph Lenné“ in Potsdam. Dort sollten am 23. Juni die Zeugnisse übergeben werden. Die Schulleitung erklärte auf PNN-Anfrage, das sei nicht zu schaffen. Die Schüler befürchten, dass der von ihnen organisierte, knapp 20 000 Euro teure Abi-Ball ins Wasser fällt.

Potsdamer Lenné-Abiturienten kamen in den Landtag und sprachen mit Baaske

Zunächst hat Baaske am Mittwoch im Landtag erklärt, es gebe keine Probleme mit diesen Abschlussfeiern. Das hätten ihn die Leiter von vier Gymnasien am Telefon erklärt. Nach einem persönlichen Gespräch mit Lenné-Schülern, die eigens am Mittwoch in den Landtag gekommen sind, zeigte sich Baaske dann doch nachdenklich. Er will prüfen lassen, ob der Neuanlauf in Mathe auf Ende Mai oder Anfang Juni verlegt wird – dann müssten Nachschreibetermine mit anderen Fächern getauscht werden. Die Linke macht nun in der Koalition Druck für eine flexible Lösung. Allerdings hängt Brandenburg dabei auch von Berlin und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ab. Beide Länder haben gemeinsame Prüfungstermine.

Ausgestanden ist ohnehin nichts. Mathelehrer erheben den Vorwurf, der gemeinsame Rahmenlehrplan von Berlin und Brandenburg sei schwammig formuliert, die Vorgaben mit vier Stunden in der Woche nicht zu schaffen. Berliner Abiturienten haben mehr Zeit, nämlich fünf Stunden in der Woche. CDU-Bildungsexperte Gordon Hoffmann sagte: „Die Mathelehrer wussten nicht, dass der umstrittene Stoff eine Pflichtaufgabe war.“

Ein "Schatten über der Leistung" Brandenburger Schüler

Baaske, sichtlich verärgert über die Panne, beauftragte daher zwei Experten der Universität Potsdam damit, zu klären, warum der Stoff der gestellten Aufgaben nicht oder nur unzureichend im Unterricht behandelt worden war. Ein Ergebnis der Untersuchung wird bis zum 1. Juni erwartet. Baaske sagte schon jetzt: Eine Verantwortung und einen Fehler der Landesregierung für das Durcheinander schließe er nicht aus.

Für die Schüler hat das konkrete Folgen: Für sie sei das Abitur der Einstieg in die berufliche Bildung und zum Studium. Es dürfe sich kein „Schatten über die Leistung der Schülerinnen und Schüler durch ein Versagen der Landesregierung“, legen sagte der CDU-Politiker Petke.

Die Potsdamer Lenné-Schüler bangen nun: „Wir wissen wirklich nicht, wann wir uns bewerben sollen", sagte die 19-jährige Lisa-Marie Wilke. „Wir können uns nicht auf den letzten Drücker bewerben, das kommt schlecht an bei den Universitäten.“ Es würde nach Ausrede klingen, „wenn wir sagen, unser Mathe-Abi musste nachgeschrieben werden. Wir können doch nichts dafür“.

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