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In Potsdam wirbt die Bürgerbewegung „Pulse of Europe“ für ein starkes Europa und eine hohe Beteiligung bei der Europawahl.

© Sebastian Gabsch

94 Zentimeter für Brüssel: Was Brandenburger zur Europawahl wissen sollten

Für die Europawahl am 26. Mai bewerben sich 23 Brandenburger. Sie gilt als wichtiger Indikator für die Landtagswahl.

Potsdam - In den Wahlkabinen könnte es eng werden am 26. Mai. Auch von den Briefwählern wird Faltkunst gefordert. Der Stimmzettel für die Europawahl in Brandenburg misst stolze 94 Zentimeter, wie Landeswahlleiter Bruno Küpper am Montag ausführte. Wertet man die Menge an Papier als Indikator für das Interesse an Europa, ist das ein gutes Zeichen: Bei der Europawahl vor fünf Jahren war der Stimmzettel nur 75 Zentimeter lang.

23 Brandenburger Bewerber zur Europawahl

Rund 2,05 Millionen Brandenburger können am 26. Mai über die künftige Zusammensetzung des Europäischen Parlaments in Brüssel mitbestimmen. Aus Brandenburg treten 23 Bewerber an, 2014 waren es 18. 

Zur Europawahl hat jeder Wahlberechtigte eine Stimme. Diese wird für die Liste einer Partei oder sonstigen politischen Vereinigung abgegeben. Einzelne Personen können nicht gewählt werden.

Derzeit vier Brandenburger Abgeordnete in Brüssel

In Brandenburg gibt es eine einzige Landesliste, die der CDU. CDU beziehungsweise CSU stellen traditionell eigene Listen in den einzelnen Bundesländern auf. Alle anderen Parteien haben ihre Kandidaten auf die Bundeslisten gesetzt. Derzeit ist Brandenburg mit vier Abgeordneten in Brüssel vertreten. In der neuen Legislatur könnten es weniger sein, wenn man die derzeitigen Umfragewerte der Parteien betrachtet. Vor allem für die Brandenburger SPD dürfte es mit Platz 22 auf der Bundesliste eng werden. Auf der Liste der AfD mit 30 Plätzen steht kein Brandenburger. Auch die Brandenburger FDP hat keinen eigenen Spitzenkandidaten, nachdem der Berliner Martin Lindner nach Differenzen mit dem Landesvorstand die Spitzenkandidatur in Brandenburg niederlegte, für die er vom märkischen Landesverband im November nominiert worden war.

Als Indikator für die Stimmung in Brandenburg

Auf die Europawahl wird auch deshalb so genau geschaut, weil sie im Jahr der Landtagswahl, die am 1. September stattfindet, ein Indikator für die politische Stimmung im Land ist. 2014 haben die Brandenburger etwas anders gewählt, als es der Bundestrend für die Europawahl zeigte. Deutschlandweit lag die CDU vor der SPD, den Grünen und den Linken. In Brandenburg wurde die SPD stärkste Kraft, gefolgt von der CDU und Linken. Die AfD kam, obwohl der Landesverband erst kurz vorher gegründet worden war, aus dem Stand auf 8,5 Prozent.

Die Wahlbeteiligung lag in Brandenburg vor fünf Jahren bei 46,7 Prozent, auch damals fanden zeitgleich Kommunalwahlen statt, was mehr Menschen zum Urnengang bewegt haben dürfte. Denn bei der Europawahl 2009 lag die Wahlbeteiligung in Brandenburg nur bei knapp 30 Prozent, 2004 waren es sogar nur knapp 27 Prozent.

Die Kandidaten im Überblick:

SPD: Maja Wallstein

Ministerpräsident Dietmar Woidke mit Maja Wallstein (beide SPD) bei der Pressekonferenz nach dem Eklat um Simon Vaut.
Ministerpräsident Dietmar Woidke mit Maja Wallstein (beide SPD) bei der Pressekonferenz nach dem Eklat um Simon Vaut.

© B. Settnik/dpa

Die frühere Brandenburger Juso-Chefin Maja Wallstein hat es nicht leicht im Wahlkampf – aber dafür kann sie nichts. Die 33-Jährige war Favoritin des SPD-Landesvorstands für die Europawahl – aber dann machte vergangenen September Simon Vaut das Rennen als Spitzenkandidat. Der ist inzwischen als Lügner enttarnt, der mit gefälschter Brandenburg-Biografie Stimmen sammeln wollte. Vaut erklärte schließlich, im Falle seiner Wahl das Mandat nicht anzunehmen. Dann würde Wallstein nachrücken und Susanne Melior beerben. Das wird schwer, denn Wallstein steht auf Listenplatz 22, ein Einzug ins Parlament ist nur bei einem außerordentlich guten SPD-Ergebnis möglich. Aber die gebürtige Cottbuserin, die in Potsdam und Krakau Politik, Verwaltung und Polonistik studierte, kämpft. Ihre Themen: ein europäischer Mindestlohn, eine europäische Sozialversicherung, eine gerechte Steuerpolitik. „Ich stehe für ein menschliches Europa, das unsere Liebe verdient“, schreibt sie auf ihrer Homepage.

CDU: Christian Ehler

Christian Ehler (CDU).
Christian Ehler (CDU).

© promo

Christian Ehler ist so etwas wie der Mister Brüssel der Brandenburger CDU. Seit 15 Jahren sitzt der gebürtige Münchener, der von 1999 bis 2004 Landtagsabgeordneter in Potsdam war, im EU-Parlament. Die Schwerpunkte des 55-Jährigen liegen auf Forschungs-, Energie- und Kulturpolitik. Für die nächste Legislaturperiode sei es nötig, dass die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg in Europa abgestimmt auftritt, erklärter. „Es kann nicht sein, dass sich Berlin zwei Mal vergeblich um den Fonds Smart Cities bewirbt, allein, ohne Brandenburg.“

Neben für viele selbstverständlichen Vorteilen wie Reisefreiheit oder der Möglichkeit, problemlos EU-weit zu arbeiten, profitiere Brandenburg sehr von Fördermitteln – fast zwei Milliarden Euro seit 2014. Der europäische Binnenmarkt sichere Zehntausende von Arbeitsplätzen. Und falls es nicht klappen sollte mit dem erneuten Einzug ins EU-Parlament? Rückkehr auf die Landesbühne? Bislang hat der Politiker aus Oberhavel das ausgeschlossen.

Linke: Helmut Scholz

Helmut Scholz, Europawahlkandidat für die Linke Brandenburg.
Helmut Scholz, Europawahlkandidat für die Linke Brandenburg.

© Promo

Der 64 Jahre alte Helmut Scholz ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments und steht nun auf Platz 4 der Linken-Bundesliste für die Europawahl. „Brandenburg ist Europa“, sagt Scholz, der 1972 in Königs Wusterhausen sein Abitur machte und dessen Themenschwerpunkt auf Handelspolitik und EU-Außenbeziehungen liegt. Die EU entscheide mit bei Wirtschaft, Tourismus, Roaminggebühren, grenzüberschreitender Ausbildungs- und Berufswahl, Kohleausstieg und Strukturpolitik. „ Ein Zurück zum Nationalen führt zu Konflikten. Was das bedeutet, wissen wir in Brandenburg nur zu gut“, sagt Scholz, der für das DDR-Außenministerium arbeitete. Zu seinen bisherigen Erfolgen als EU-Parlamentarier zähle er unter anderem die Einführung der Europäischen Bürgerinitiative sowie den Startschuss zu einer kritischen Bewegung zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA TTIP und zu CETA, erklärte er bei seiner Bewerbungsrede im Februar in Bonn.

Grüne: Ska Keller

Ska Keller tritt für die Grünen an.
Ska Keller tritt für die Grünen an.

© Mike Wolff/PNN

Die frühere Grünen-Landesvorsitzende Franziska „Ska“ Keller aus Guben (Spree-Neiße) ist neben dem niederländischen Europaabgeordneten Bas Eickhout Spitzenkandidatin der Europäischen Grünen Partei. Ihre Europawahlkampagne hat das Motto „Let's Act. Together.“ Zudem führt die 37 Jahre alte Islamwissenschaftlerin, deren Schwerpunkt auf Migrations- und Handelspolitik liegt, die Bundesliste der deutschen Grünen für den Europawahlkampf an.

Keller wurde 2009 im Alter von 27 Jahren erstmals ins Europäische Parlament gewählt. Dort ist sie seit 2016 gemeinsam mit Philippe Lamberts Co-Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion. „Niemand kann die Herausforderungen unserer Zeit alleine bewältigen“, sagt die Grünen-Politikerin. Egal ob Klimakrise, internationale Steuerhinterziehungen und Dumpingwettbewerbe oder Nationalismus – das alles lasse sich nur in einem gemeinsamen Europa beantworten. Und Brandenburg liege in Europas Herzen.

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