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Sven Fischer arbeitet seit 30 Jahren im Landtag Brandenburg.

© Benjamin Lassiwe

30 Jahre Landtag Brandenburg: Sven Fischer ist ein Mann der ersten Stunde

Der Brandenburger Landtag feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Der Potsdamer Sven Fischer ist von Anfang an dabei.

Potsdam - Wenn Potsdam noch schläft, radelt Sven Fischer zum Landtag. „Über der Freundschaftsinsel sieht man dann im Sommer langsam die ersten Sonnenstrahlen“, sagt Fischer. „Und irgendwann fangen die Vögel an zu zwitschern.“ Früh um vier sitzt Fischer dann als erster im Potsdamer Stadtschloss – und beginnt mit dem Erstellen des täglichen Pressespiegels für die Abgeordneten, die Fraktionen und die Verwaltung.

Er bewarb sich um eine Stelle als Handwerker 

Das war nicht immer so: „Als ich 1990 beim Landtag anfing, hatte ich mich eigentlich um eine Stelle als Handwerker beworben“, sagt Fischer. Denn in den letzten Monaten der DDR hatte der damals 19-Jährige eine Ausbildung als Bautischler absolviert. Doch dafür waren beim Parlament keine Stellen mehr frei. „Ich habe dann den damaligen Personalchef einfach gefragt, ob noch etwas anderes gesucht wird.“ 

Fischer hatte Glück: Das Parlament brauchte Mitarbeiter für den „Parlamentarischen Aufsichtsdienst“, also Menschen, die darauf achten, dass niemand unbefugt den Plenarsaal betritt. Am 15. Oktober 1990 unterschrieb er seinen Arbeitsvertrag. Am 16. Oktober – zehn Tage vor der konstituierenden Sitzung des Landtags – fing er an. Und während aus der ersten Legislaturperiode des Landtags mittlerweile kein einziger Abgeordneter mehr übrig ist, ist Fischer, so wie eine Reihe anderer Parlamentsmitarbeiter, nun schon 30 Jahre beim Landtag beschäftigt.

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Fischer: "Wir waren alle Amateure"

Als der Aufsichtsdienst nicht mehr benötigt wurde, wechselte Fischer in die Geschäftsstelle des Landtags, später in die Parlamentsdokumentation, wo er heute noch beschäftigt ist. Wie es früher war, als der Landtag noch im heutigen Brandenburg-Saal der Staatskanzlei tagte? „Wir hatten alle keine Erfahrung mit dem Parlamentsbetrieb“, sagt Fischer. „Wir waren alle Amateure.“ Was heute strukturiert und organisiert geschieht, wurde damals oft noch improvisiert. 

Als etwa die Stasi-Vorwürfe gegen Manfred Stolpe (SPD) am Kochen waren, endete eine Plenarsitzung um 23 Uhr – und um 0.15 Uhr begann die nächste. „Man musste das so machen, weil eine Antragsfrist einzuhalten war – der Antrag, dem Ministerpräsidenten das Vertrauen auszusprechen, konnte nicht in der laufenden Sitzung beraten werden“, sagte Fischer. „Also machte man kurzerhand eine Sondersitzung.“ Was für die damaligen Mitarbeiter eine kurze Nacht bedeutete: „In Plenarwochen war der Arbeitsbeginn morgens um sieben.“

Bouletten-Parties in der Landtagskantine 

Im Gespräch erinnert sich Sven Fischer vor allem an das fast familiäre Arbeitsklima in den ersten Jahren des Parlaments. Legendär seien die „Bouletten-Parties“ des Parlamentspräsidenten in der Landtagskantine auf dem Brauhausberg gewesen: Der Kantinenpächter Gerald Hinz habe Bouletten gebraten, manche Abgeordnete den Zapfhahn bedient, auch für Mitarbeiter aus der Verwaltung. Am nächsten Morgen sah man häufig übernächtigte Parlamentarier – und einige von ihnen hätten wohl auch in den Büros des Parlamentsgebäudes übernachtet. „Heute wäre so etwas wohl schlicht undenkbar“, sagt Fischer. 

Was ihn an seinem Job besonders fasziniert hat? „Im Stolpe-Untersuchungsausschuss haben wir im Grunde Geschichte miterlebt“, sagt Fischer. Als Saaldiener sei er sogar auf die Titelseite der einen oder anderen Tageszeitung gekommen: „Wir wurden fotografiert, als wir die Akten mit einem Aktenkarren in den Raum brachten.“ Anschließend habe er fasziniert zugehört, etwa als Helmut Schmidt befragt wurde. „Er wurde in der Befragung mit einem Schriftstück konfrontiert, bat um einen Aschenbecher und rauchte zwei Zigaretten, während er das Dokument studierte“, erinnert sich Fischer.

Er erkennt die Journalisten am Stil 

Und heute? Heute herrscht nicht nur Rauchverbot im Landtag. „Heute hat sich vieles normalisiert“, sagt Fischer. Doch die Arbeit in der Parlamentsdokumentation und am Pressespiegel, für den er jeden Tag auch diese Zeitung auswertet, findet er genau so spannend. „Man merkt, welche Themen im Land gerade en vogue sind“, sagt Fischer. „Und man lernt den Stil der Journalisten kennen – oft ahne ich schon, wer ein Ereignis am nächsten Tag wie kommentieren wird.“ Sein 50-jähriges Betriebsjubiläum allerdings wird er im Landtag wohl eher nicht mehr feiern: „Denn dann wäre ich 69“, sagt Fischer. „Und ich hoffe doch, dass das Renteneintrittsalter bis dahin nicht noch so sehr steigt.“

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